Wir gehen mit vollen Segeln an den
Start und sind, dank des geschenkten Stroms, mit um die acht Knoten
flott unterwegs. Es passt alles zusammen, wir kommen genau mit
einlaufender Tide am Maroni an.
Wenn man so nah an der Küste unterwegs ist muss man sehr
aufpassen denn es sind viele Fischer unterwegs. AIS haben sie nicht,
aber wir sehen ihre Lichter. Nur alle 15 Minuten ein Rundblick ist zu
wenig. Am Tag ist es noch schlimmer die relativ flachen Fischerboote
verschwinden in den Wellentälern und sind kaum zu erkennen. Andere
Ankern mitten im Nirgendwo und schlafen (die Küstengewässer sind
sehr flach). Also Augen auf.
Die Ansteuerung des Maroni ist gut
betonnt. Da sich die Sandbänke in der Einfahrt häufig verändern,
wird das Fahrwasser gelegentlich verlegt. Als wir in den Fluss
eingefahren sind, lag die Betonnung ganz anders als in der Seekarte
angegeben.
Der Maroni ist schon ein gewaltiger
Fluss, er ist 5 km breit. Die Fahrrinne führt aber zeitweise keine
50 Meter vom Ufer entfernt. Wir kommen vorbei an Mangroven und
üppigem Urwald. Unterbrochen von kleinen Sandstränden an denen im
April und Mai Lederschildkröten ihre Eier ablegen werden. Aber wir
bleiben nicht lange auf dem Maroni. Am Sonnabend 15. Dezember biegen
wir nach links ab in die Nebenflüsse und rein in den Amazonas
Urwald. Die Navionics Karte stimmt nur teilweise und zeigt keine
Wassertiefen, sie reicht aber zur Orientierung aus.
Die Fahrt auf dem „Crique's" ist
eine Flussfahrt durch die unberührte Natur, keine Brücken, keine
Menschen (unsere geplante Strecke beträgt ca. 35 sm). Zwei Flüsse
werden durch drei andere miteinander verbunden und damit hat man eine
Rundreise, d.h. wir kommen 12 Meilen weiter oben wieder in den Fluss
Maroni zurück. Erst einmal fahren wir den „Crique Coswine“
soweit es geht (oder wir Lust haben) Flussaufwärts dann wider ein
Stück zurück um in den Crique Canard einzubiegen. Hier befindet
sich auch die einzige Flach Stelle der gesamten Flussfahrt. Dann geht
es weiter in den Crique 1900, den Crique Vaches und letztendes den
Crique aux boets lamentins wider zum Maroni.
Links und rechts
befindet sich dichter Urwald, das Flussufer ist anfangs noch mit
Mangroven bewachsen. Etwa 3,5 Seemeilen weiter oben im Fluss ist das
kleine Indianerdorf, Ayawande. Dort ankern wir. Da es schon gut nach
Mittag ist, verschieben wir unseren Besuch auf den nächsten Tag. Am
Abend hören wir viele Tierstimmen und es ist Vollmond. Eine
Stimmung, schöner könnte sie nicht sein.
Am nächsten Tag fahren wir mit dem
Dingi zum modernen Aluminium Bootsanleger des Dorfes. Wir spazieren durch das Dorf
Ayawande und treffen nur ganz wenige Leute an. Die Kinder sind in der
Schule und die anderen arbeiten außerhalb des Dorfes. Gleich rechts
neben dem Steg ist die Dusche des Ortes, links heißt uns ein Schild
willkommen.
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der erste Ankerplatz vor dem Dorf |
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ein moderner Schwimm-Steg für die Fischer |
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na was für eine Begrüßung |
Oben ist der Urwald gerodet, rund um den sandigen
Dorfplatz stehen ein paar Holzhütten mit offenen Küchen unter
Palm-gedeckten Dächern und, wir können es kaum glauben, Solar-Straßenleuchten (wir vermuten das der Steg und die Beleuchtung eine Spende vom Raumfahrtzentrum sind). Irgendwo hören wir Axtschläge und
spazieren dorthin, denn dort trifft man sicher jemanden an. Wir haben
einen freundlichen Mann angetroffen, welcher mit einem Beil Spanten
für eine Pirogge bearbeitet. Damit stabilisiert er eine 11 Meter
lange Pirogge die aus einem Einbaum und mächtigen Seitenbrettern
besteht. Er erklärt uns, wie er das gelernt hat und und wie man so
eine riesiges Kanu herstellt. Ja, wir sind hier in der EU, in
Frankreich (oder doch in Afrika?) denn hier kochen die alten Frauen
auf offenen Feuer. Abends, nach dem Bad laufen sie barbusig herum und
die Kinder sind nackig.
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Blume im Haar?, denkt sie etwa hier ist Hawaii |
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Blick vom Dorfplatz |
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die Dachkonstruktion ist beeindruckend |
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wie hier eine Pirogge entsteht |
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ist schon erstaunlich |
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unten das dunkle ist der mit der Axt ausgehölte Einbaum |
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Solarleuchten - die Bewohner freuen sich, aber her passen tut das gar nicht |
Besonders interessant fand ich eine
relativ kleine Fläche am Dorfrand. Sie wurde durch Brandrodung
geschaffen. Die Düngung durch die Asche hält nicht lange an dann
bleibt nur noch der unfruchtbare Sand übrig. Hier konnte man sich
Live davon überzeugen was nach der Brandrodung und nach einer
gewissen Zeit übrig bleibt. Es sieht aus als ob die Maniokpflanzen
die unsortiert im Sand steckten damit gerade noch so zurecht kommen.
Übrigens wird der gestampfte Maniok dann als Maniokfladen auf einem
Blech und über offenen Feuer gebacken.
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man erkennt sofort das |
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das hier kein fruchtbarer Boden ist |
Brandrodung mit verheerenden Folgen
In Brasilien konnten wir die riesigen
Rauchwolken der Brandrodungen im großen Stiel beobachten. Auch in
Jacare gegenüber der Marina. Die Folgen sind verheerend. Zuerst
kommen unzählige Tiere in den Flammen um, die sich nicht retten
können, dann verursacht die Brandrodung einen erheblichen Teil des
weltweiten CO2-Ausstoßes, und schließlich fehlt die üppige
Vegetation des Regenwaldes, um Wasser, Nährstoffe und CO2 zu binden.
Zwar bietet die Asche der Bäume noch für einige Zeit Nährstoffe,
aber der dünne und durchlässige Waldboden wird nach der Rodung
durch den Regen schnell ausgeschwemmt. Die kleineren Pflanzen können
Wasser und Nähstoffe nicht so gut speichern, die Sonne brennt
unbarmherzig und nach wenigen Jahren wird aus diesem Gebiet eine
Steppenlandschaft (für die Zucht von riesigen Rinderherden).
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zum Abschlüß noch ein erfreulichen Blick |
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auf den unberührten Regenwald |
Aber es gab noch eine freudige
Überraschung. Die SY Nadin mit Ilse und Uli liegen hier auch vor
Anker. Sie sind von St. Laurent gekommen. Wir konnten aber nur kurz
miteinander reden denn sie wollten weiter nach Tobago (Karibik), aber
sie warnten uns schon mal vorab vor den vielen Regen in St. Laurent.
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die SY Nadin |
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wir treffen uns immer wider mal |
Für uns dagegen ging es weiter
Flussaufwärts, weiter rein in den Regenwald. Nach nur ein paar
Metern Fahrt im Fluss befindet man sich in einer anderen Welt. Mit
dem Beiboot sind wir von unserem zweiten Ankerplatz einige Meilen in
eine kleine Abzweigung hochgefahren. Wir haben glücklicherweise das
Smartphone mit Karten und GPS mitgenommen und einen Track unserer
Beiboot-Reise aufgezeichnet. Den der Weg zurück zu Hembadoo, bei den
vielen Biegungen und Verzweigungen im Fluss, wäre ohne den GPS nur
sehr schwer wieder zu finden. Und in diesem einsamen Gebiet könnte
es sein, dass wochenlang keine Menschenseele vorbei kommt. Das war so
richtig nach unseren Geschmack. Das ganze haben wir dann ein paar
Tage später an einem größeren Abzweig noch einmal wiederholt.
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der zweite Ankerplatz |
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und mit dem Dingi in ein schmalen Abzweig |
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einfach nur |
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schön |
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hier bekommt man die
Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie |
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von Manfred von Ardenne (Physiker) umsonst |
Die Stelle an der wir nun ankern wollen, ist deutlich schmaler als
die anderen. Dafür deutlich tiefer. Wir können nicht genau in der
Mitte ankern, das heißt wir müssen etwas näher zum Ufer um eine
Tiefe unter 12 Meter zu finden. Das Ankern in großer Tiefe bedeutet
viel Kette und dadurch großer Schwoi-Kreis (hin und her schwingen).
Da wir aber mit der Tide uns im Fluss mal in diese,
mal in jene Richtung drehen, ist nicht ausgeschlossen, dass wir gegen
das Ufer treiben könnten. Es kam wie es kommen musste, wir drehten
uns mit dem Hinterteil von Hembadoo zum Ufer und hatten allerlei
Blätter und Zweige an Deck. Das allein wäre kein Problem. Aber bei
den vielen Tierstimmen in der Nacht möchte ich nicht wissen wer da
alles Hembadoo erkunden möchte und vor unserer Eingangstür hängt
nur ein Moskitonetz (seit wir auf dem Fluss sind habe ich das große
Jagd-Messer immer auf dem Nachttisch liegen – für eventuelle,
ungebetene tierische Besuche). Also wider Anker auf und besseren
Platz suchen.
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an manchen Ankerplätzen muß man doch relativ dicht an das Ufer |
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auch wenn es schön aussiht |
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zu dicht ist schlecht |
Es gibt nichts hier, außer Wald, Flüsse und Tiere. Tiere sieht
man außer Vögel und großen Schmetterlingen keine, aber man kann
sie – vor allem nachts – gut hören. Eines Nachts habe ich
einfach mal vier Töne „abfallend“ also von hoch nach tief
gepfiffen. Es hat nicht lange gedauert da pfiff der erste Nachahmer
zurück. Nach einigen hin und her antwortete mit der exakten Tonfolge
ein Vogel auf der anderen Uferseite. Jetzt hörte ich auf zu pfeifen.
Und es ist kaum zu glauben aber die beiden Vögel machten noch eine
Weile allein weiter. In der Nächsten Nacht wiederholten wir das
Spielchen. Doch plötzlich mischte ein weiterer Vogel mit. Mit einer
einer absolut rauen und krächzenden Stimme versuchte er die vier
Töne nachzumachen, es war zum kaputt lachen. In einer weiteren
Nacht, wir waren nicht allzu weit vom Ufer entfernt hörten wir das
Brechen von Zweigen als wir uns dort hin wandten leuchteten uns zwei
knall-gelbe (wahrscheinlich Raubkatzen-Augen) an. Wir bekamen
automatisch und sofort eine Gänsehaut.
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hier würde es Tarzan und Jane gefallen, denn Lianen um sich von
Ort zu Ort zu bewegen, gibt es genug.
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Wenn Französisch Guyana neben dem
Weltraumbahnhof noch mit etwas anderem in Verbindung gebracht wird,
dann ist es die Fremdenlegion. Vor dem geistigen Auge tauchen
muskelbepackte Kerle auf, die durch Schlamm robben und sich mit einem
Messer zwischen den Zähnen durch den Dschungel kämpfen. Zum diesem
Klischee passt, dass tatsächlich US-Marines zur Ausbildung in die
Urwald-Camps der Fremdenlegion geschickt werden. Am Maroni ist ein
Teil des 9. Regiment der Fremdenlegion stationiert.
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eine weitere Dingi Fahrt füührte üns zu rätselhaften längst verlassenen Plätzen |
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einen davon |
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unersuchten wir genauer |
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hoffentlich schwimmt hier keime Anakonda herrum |
Abschließend kann man nur sagen dieser
Abstecher in die Nebenflüsse ist unbedingt empfehlenswert! So
einfach kommt man wohl nirgends sonst mit dem eigenen Schiff in den
Regenwald. Wir haben schon früher gedacht, zur Mutter aller Flüsse,
dem Amazonas in Brasilien zu segeln, man kann dort 600 oder gar 700
Seemeilen hochfahren. Im Delta des Amazonas gibt es Inseln, welche
halb so groß wie die Schweiz sind. Zudem ist das Amazonas-Gebiet
relativ dicht besiedelt aber die brasilianische Nordostküste wird
als sehr gefährlich beschrieben (Raub, Mord und Totschlag). Deshalb
war das Gebiet für uns tabu, aber das, was wir suchen kann man in
Französisch Guyana viel einfacher, schöner, bequemer und dazu
wirklich sehr idyllisch bekommen.
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