Dienstag, 25. April 2017

Atlantik, Tag 19 bis 21

Die letzten drei Tage gab es ein Wechselbad der Gefühle. Begonnen hat das ganze am Samstag, den 22.04.17, am frühen Morgen, der gesamte Horizont war eine einzige schwarze Wand. Da führte kein Weg dran vorbei. Auf die kleineren Squall`s am Äquator hatten wir mittlerweile immer drauf zugehalten, um uns durch den dort vorhandenen Wind für wenigstens ein bis zwei Stunden vorantreiben zu lassen. Doch das was wir hier vor uns hatten, verursachte ein stark mulmiges Gefühl im Magen. Vorsorglich refften (verkleinerten) wir die Segel und dann, mit einem Schlag 25 Knoten Wind. Das war eigentlich gar nicht so schlecht, denn wir nahmen sofort Fahrt auf. Aber dann kam der Regen. Wir haben in unseren Leben schon einiges an Unwetter gesehen aber das sprengte alle Vorstellungen. Binnen kürzester Zeit kamen wir uns vor wie in einem U-Boot, der Bug unseres Schiffes war nicht mehr zu erkennen und an den Unterkannten der Segel bildete sich ein Wasserfall. Aber wie schon so oft gab es kein
Blitz
und Donner. Der Wind verharrte merkwürdigerweise bei 20 bis 25 Knoten und das ganze Gebilde rotierte wie ein Mini Hurrikan. Also durften wir nicht ins Zentrum (dort war es garantiert Windstill) und wir düsten auf der Außenbahn einen Halbkreis den wir dann, mit Änderung des Windwinkels im Autopiloten, verließen. Das ganze dauerte etwa 5 Stunden. Danach ein komplett anderes Wetter, ich würde sagen Kaiserwetter. Nur vereinzelt kleine weiße Wolken am strahlend-blauen Himmel aber das beste war der Wind, zwischen 15 und 20 Knoten aus der richtigen Richtung. Alle Segel hoch und mit (zum ersten mal seit Afrika) 6,5 bis 7,5 Knoten Fahrt dem Ziel entgegen. Unsere Ursprüngliche Idee die Überfahrt in 20 Tagen zu bewerkstelligen hatten wir schon lange aufgegeben (da wären wir am Sonntag, den 23.04.17 in Salvador gewesen) aber so wie wir jetzt unterwegs sind werden wir wenigstens keinen neuen Rekord für die langsamste Überquerung der Neuzeit aufstellen. Leider hat dieser Zustan
d nur
36 Stunden angehalten, dann ist der Wind wieder schwächer geworden. Aber dafür stellte sich das Anglerglück ein und wir haben einen ordentlichen Tuhnfisch gefangen. Zum Abend gab es dann ein richtiges Festessen, frisch gebackenes Landbrot mit reichlich Leinsamen und mit Knobi gespickte kurzgebratene Thunfischsteaks. Zur Zeit sind es noch 315 Seemeilen bis Salvador und wir sind mit 3,5 Knoten Unterwegs. Bei dieser Geschwindigkeit würden wir in 4 Tagen, also am 27.04.17 in Salvador ankommen – na lassen wir uns überraschen.

Freitag, 21. April 2017

Atlantik, Tag 16 bis 18

Es ist der 21.04.2017, eigentlich sind wir mitten in der Passastwindzone. Wir machen bei schwachen Wind jedoch nur 3 Knoten Fahrt und das heißt, in Richtung Ziel, nur kleine Fortschritte. Die Sonne brennt gnadenlos vom nur leicht bewölkten Himmel. Hätte mir einer diese Zustände vor der Abfahrt in Banjul geschildert, ich würde ihn auffordern sein Seemannsgarn für sich zu behalten. Laut Wetterkarte ist auch für die nächsten Tage im Umkreis von 500 Seemeilen kein anderes Wetter zu erwarten. Es wird weiterhin Geduld abverlangt. Das Rekordetmal (Etmal = gesegelte Meilen in 24 Stunden) für Seegelboote liegt übrigens bei etwa 600 Seemeilen, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 Knoten oder 46 Stundenkilometer entspricht. Das sind natürlich extreme Rennmaschinen und die haben mit uns Fahrtenseglern nichts gemein. Aber nun zu uns. Im Moment haben wir die Vorzüge von Hörbüchern entdeckt. Es ist sehr angenehm im schattigen Cockpit zu liegen und der angenehmen Stim
me des
Vorlesers zu lauschen. Zahlreiche Seevögel, Delphine und springende Tunfische geben uns das Gefühl nicht allein zu sein. Mehrere Tölpel und erhabene Fregattvögel beschäftigen sich in unserer Nähe mit Fischfang. Ein kleiner, Schwalben-artiger, Vogel nutzte immer wieder unseren kostenfreien Transportdienst. Er hatte keine Scheu und lief sogar auf meiner Schulter herum. Interessant sind auch die portugiesischen Galeeren die zahlreich mit aufgestellten Quallensegel an uns vorbeiziehen.

Dienstag, 18. April 2017

Atlantik, Tag 13 bis 15

Seit wir den Äquator bei 27° W überschritten haben (ursprünglich wollten wir ihn bei 24° W überqueren) verbessern sich die Zustände etwas. Der Wind ist zwar immer noch schwach aber konstant mit leichten Trend zur Verstärkung. Das gibt uns Hoffnung auf eine zügige Fahrt in den nächsten Tagen. Der Schiffsverkehr hält sich in Grenzen, bis jetzt haben wir zwei Tanker und ein Fischer, in 15 NM Abstand, als AIS-Signal, zu sehen bekommen. Bei uns geht alles seinen Gang. Die wichtigen Dinge wie Brot backen und Wasser machen (entsalzen) funktionieren tadellos. Nur die elektrische Toilette achtern macht wieder mal Ärger. Ich habe die neusten Wetterkarten geholt, das kann doch wohl nicht war sein, habe ich gemurmelt. In der Passastwindzone wo normalerweise Windstärken von 15 bis 20 Knoten zu erwarten sind haben wir bis Salvador eine durchschnittliche Windstärke von 9 Knoten. Da die Windrichtung momentan, anders als auf der Wetterkarte, SSO (Süd Süd Ost) ist, was für uns
Gegenwind bedeutet, können wir nicht mehr als 3 Knoten Fahrt machen. Eins muss man mal feststellen, wenn Psychisch alles in Ordnung ist, man genug Lebensmittel-Vorräte gebunkert hat und es nicht eilig hat (all das ist bei uns der Fall, na ja, bis auf kleine Reibereien) ist es ein sehr angenehmes Reisen. Keine hohen Wellen (nur der Schwell, der uns sanft hoch und runter hebt) dadurch können wir vernünftig am Tisch essen, die Essenszubereitung und auch der Gang zur Toilette entwickelt sich nicht zur Akrobaten Nummer und ganz Wichtig man kann ruhig, in der großen Achter-Koje, Schlafen. Wir nehmen also die weitere Entschleunigung an und es dauert halt, wie es dauert.

Sonntag, 16. April 2017

Atlantik, Tag 10 bis 13

15.04.17 - In der ITCZ - Intertropical Convergence Zone.
Uns ist mittlerweile der Wind endgültig ausgegangen, wir sind in der Konvergenzzone und Motoren dem Äquator entgegen. Das Wetter sieht „gemischt" aus. Die Lufttemperatur beträgt am Tag 35°C und die Wassertemperatur Stolze 33°C. Der Atlantik sieht aus wie ein Dorfteich, völlig glatt selbst der sonst allgegenwärtige Schwell ist kaum zu spüren. Wir können der Versuchung nicht widerstehen, halten an und und schwimmen ein paar Runden, bei dem Gedanken das es vier Kilometer nach unten geht wird einen ganz kribbelig. Vorhersagen sind in diesem Gebiet schon immer sehr schwierig gewesen und die Gribfiles (Wetterkarten) ändern sich mit jeder Prognose – also wollen wir dieses Gebiet so rasch wie möglich hinter uns bringen. Intertropical Convergence Zone oder auch Kalmenzone wurde früher Rossbreiten genannt, weil Handels- , Kriegs- und Kaperschiffe wegen des fehlenden Windes oft wochenlang stecken blieben und die mitgeführten Pferde mangels Wasser geschlachtet werden m
ussten.
Wer einmal hier war, weiß womit wir uns seit Tagen herumschlagen. Man durchforstet Segelführer, surft schon vor der Abfahrt durchs Netz, und sucht Wetterdaten, lang- und kurzfristig. Dann sucht man, einen geeigneten Punkt aus, wo man denn durch diese Zone der Windstille durchstechen möchte. Die aktuellen Gribfiles jedenfalls sehen auch nicht viel schlechter aus als die von den letzten Tagen. Aber nun wollen rüber über die Nullbreite, wo Neptun auf die Täuflinge und vor allen Dingen der Südostpassat wartet. Aber etwas Neues gibt es in der Gegend, die berühmt, berüchtigten Squall's, ein begrenztes Wolken/Regen-Gebilde mit oft viel Wind, extremen Regen und Gewitter. Man sieht schon lange die Zugrichtung und Ausdehnung auf dem Radar. Jaaaa, jetzt wird sie gewaschen die Hembadoo! Alles für Neptun, damit sich Hembadoo ja gereinigt auf die Südhalbkugel begibt. Unser persönlicher Squall sah von weitem recht bedrohlich aus. Wir bereiteten uns und unser Schiff auf das schl
immste
vor. Dann waren wir mitten drin und es war absolut gespenstisch, kein Wind, kein Gewitter, es schüttete nur wie aus Kübeln. Neptun kam bei uns übrigens persönlich vorbei und überzeugte sich von der Sauberkeit des Schiffs und übernahm das Reinigen der Besatzung persönlich und war zu Guter Letzt mit dem Zustand von Schiff und Besatzung sehr zufrieden und erlaubte das befahren der Südhalbkugel. Interessant und auch lästig waren die großen Flächen mit gelben Schwimmpflanzen. Sie machten das Angeln unmöglich. Jetzt bleibt nur noch eine Frage, wann ist die ITCZ zu Ende? Und wo bleibt der Passat? Übrigens werden wir die Fotos, wenn wir in Brasilien sind und vernünftiges Internet haben, nachreichen.

Donnerstag, 13. April 2017

Atlantik, Tag 7 bis 9

Der persönliche Zustand von uns beiden ist richtig gut, es ist früh, um 9.00 Uhr. Die Schipperin, bereitet ein bisschen verpennt das Frühstück – Kaffee, Eier, Toast – doch als ich mir den ersten Kaffee ein goss, war er heiß und hell (von ein wenig Mich), aber ohne jeglichen Kaffeegeschmack. Wie kann es sein, dass man Kaffee ohne Kaffee kocht?! Wenn ein Tag so beginnt dann bedeutet es nichts gutes. Wie sich später auch zeigen wird. Zum Beispiel reden wir uns, mindestens dreimal pro Tag ein, das wir alle Zeit der Welt hätten um den Atlantik zu überqueren. Seit West Afrika kämpfen wir mit schwachen Winden bzw. Flauten. Wenn sich einer unsere Kurslinie anschaut, wird er sich bei der Schlängel-Linie fragen, was wir getrunken haben. Aber Stocknüchtern haben wir versucht jeden Windhauch hinterher zu segeln. Wir haben zwar ein großen Dieselvorrat, aber über den gesamten Atlantik mit Motor fahren können wir auch nicht. Unseren Tiefpunkt haben wir heute am 12.04.17 er
reicht.
Mit viel Mühe (ständiges Segel Trimmen) haben wir die Fläche zwischen zwei Isobaren erreicht, wo es 9 Knoten Wind von hinten geben soll. Aber Ätschi-Bätschi, wir haben 5 Knoten, von vorn. Wir finden das Poseidon bzw. Neptun ein Witzbold ist und er sich nicht an die Vorgaben durch die Wetterkarte hält. Also wider Kurs ändern damit der Wind etwas von der Seite kommt und Motorsegeln. Im Laufe des Tages dreht der Wind, ist immer noch schwach aber die Richtung stimmt. Also Blister raus (das großes, buntes Leichtwind-Segel) und hoch damit. Das alles bei 35°C und bei 82% Luftfeuchtigkeit (die Sauna ist bereit). Die ersten 10 Minuten ist alles gut, doch dann, einfach mal so, dreht der Wind auf die andere Seite. Der Blister viel zusammen und wickelte sich um die aufgerollte Genua. Nach dem ich das ganze wider sortiert hatte und er sich auf der anderen Seite zur vollen Pracht aufblähte, drehte der Wind wider. Jetzt war ich endgültig bedient. Da haben wir den Blister wieder a
bgebaut
und unter Deck verstaut. Nun sitzen wir mit schlechter Laune, Schweiß überströmt im Cockpit und reden uns ein das wir ja alle Zeit der Welt hätten um den Atlantik zu überqueren. Wir schwanken also zwischen Spaß und Müdigkeit und suchen die Balance zwischen Reibung und Harmonie. Man könnte auch sagen: es geht uns gut!
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Sonntag, 9. April 2017

Atlantik Tag 4 bis 6

Sonntag, 9. April 2017
Wie uns unsere Tochter, Ivonne, mitgeteilt hat funktioniert das aktualisieren des Blog per Mail und Satellit und wir können mitten im Atlantik weiter berichten. Mittlerweile haben wir uns an den Wachwechsel gewöhnt und am Morgen ist die Stimmung gut. Wir freuen uns über den Sonnenschein. Anglerglück gab es noch keines. Jeden Morgen müssen fliegende Fische von Deck gesammelt werden. Andere Schiffe gibt es hier mittlerweile keine mehr. Wir versuchen unseren Kurs so gut wie möglich an die Wetterkarte anzupassen (wir holen uns per Satellit alle drei Tage eine neue Wetterkarte). Das ergibt zwar eine ordentliche Schlängel-Linie, aber wir können ohne Motorunterstützung segeln und das ist sehr gut. Der Tag plätscherte so dahin wie die Wellen an unserem Bug. Wir genießen die Zeit. Wir haben Südwestkurs und haben von den ca. 2150 NM (ca. 4000 km) etwa 520 NM (ca. 960 km) zurückgelegt. Also 1630 miles to go. Nun mal zu den Zuständen an Bord. Nach Bordzeit, UTC, ist es 03:
00 Uhr.
Draußen ist es Stockduster, ich sitze geschützt im Cockpit und beobachte, wie Herr Windpilot (Paul) mit dem bisschen Wind umgeht, das uns vorantreibt. Wenn man bei 2,5 Knoten Fahrt überhaupt von vorantreiben sprechen kann. Und er macht es einwandfrei, sehr gut, kleiner („großer") Computer! Das Schiff rollt ein bisschen vor sich hin, die Genua (das große Vorsegel) gibt sich Mühe nicht zusammenzufallen und das Besan Segel hält sich auch gerade so. Der aktuellen Bootszustand ist zur Zeit okay, es gibt keine Probleme und wir haben überhaupt nichts zu meckern, super. Wir sind sehr gespannt auf den Äquator, nicht nur ob es beim überfahren nun hoppelt oder nicht, sondern vor allem, wie sich die Konvergenzzone gestaltet. Mit oder ohne Blitz, mit oder ohne Wind – nur eines wird es bestimmt geben: Regen, und das freut uns, wird er doch die braunen Reste der Sahelzone von der Hembadoo abspülen (außerdem haben wir seid fast ein Jahr kein Regen mehr gesehen).

Freitag, 7. April 2017

Atlantik Tag 1 bis 3

Es ist der 03.04.2017 und Ausklarieren in Banjul ist angesagt. Jetzt steht seitens der Behörde einer Abfahrt nichts mehr im Wege. In Richtung Atlantik müssen wir in den ersten Stunden mit Hilfe des Motors gegen 20 Knoten Wind (fast 40 kmh ) und gegen die Wellen fahren. Wenigstens hilft die Strömung des auslaufenden Wassers. Kaum hatten wir die Strömung verlassen und den Kurs auf Süd geändert schlief der Wind gänzlich ein und wir brauchten den Motor erst gar nicht stoppen. Die erste Nacht brach an, auf dem Bildschirm kein AIS Signal eines anderen Schiffes, wir dachten wir sind allein. Doch plötzlich strahlte uns ein grüner Laser an und wie auf Kommando gingen überall auf den Piroggen der Fischer die Lichter an, wir waren völlig umzingelt und wir hoffen nur das wir nicht in ein Netz fahren. Am nächsten Tag haben wir die Piroggen hinter uns gelassen aber dafür war der Bildschirm voll mit AIS Signalen, zeitweise waren bis zu 23 Schiffe um uns herum, das sah aus wie
in der
Straße von Gibraltar. Gut das wir auch ein AIS Signal senden und die Schiffe uns sehen denn wir kreuzen die Schiffahrtroute der afrikanischen Westküste in einem sehr schrägen Winkel. Die zweite Nacht war noch immer kühl und die Luftfeuchtigkeit extrem hoch, der Nebel ist so dicht das er sich wie Nieselregen anfühlt. Große Tätigkeiten entwickeln wir noch nicht. Essen machen, Mailen, Segel optimieren (der Motor läuft mittlerweile den 3. Tag), Wetterkarten begucken und schlafen. Heute am 06.04.17 können wir endlich den Motor stoppen und es herrscht Ruhe an Bord. Wir machen keine Rausche-Fahrt aber immerhin 5 Knoten. Das Wetter ist so, wie es ist, und leicht windig läuft es auf eine lange Reise hinaus, die wir eigentlich nicht wollten, aber was soll's ist auch okay.