Jetzt geht es nach Kourou. Im Nordosten Südamerikas betreten wir
nach knapp drei Jahren wieder europäischen Boden.
Französisch-Guayana ist das einzige Land des Kontinents, das sich
nicht von seinem einstigen Kolonialherren lossagen konnte (wollte).
Heute besitzt es den Status eines Übersee- Departements,
gleichbedeutend mit Martinique und Réunion. Bei der Anfahrt zum
Fluss müssen wir ganz schön aufpassen, denn die Einfahrt in den
Kourou Fluss ist ordentlich flach und neigt zum Versanden. Wir sind
etwas später losgefahren als geplant und es war sehr knapp (deutlich
flacher als 2,5m). Wer wie wir 1,9 m Tiefgang hat sollte halbe Tide
anpeilen.
Einen Ankerplatz haben wir Flussaufwärts von der „Marina“
gefunden. Der Ankerplatz ist gut geschützt, wir hatten keine
Probleme mit dem Ankergrund. Bei Wind-gegen-Strom waren die
Dinghi-Fahrten manchmal etwas nass. Uns haben die vielen Vögel am
Ankerplatz gefallen, rote Ibisse, viele verschiedene Reiher und
abends die vielen Papageien. Häufig hört man Brüllaffen.
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ein Sonnenbad ist gut für das Gefieder |
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na so was mache ich nicht |
Die Amtshandlungen sind unkompliziert denn als EU-Bürger muss man
sich lediglich beim Zoll anmelden. Der Zoll ist in Pariacabo, das ist
quasi das Industriegebiet von Kourou und liegt 1,5 Meilen
Flussaufwärts. Wir sind mit dem Dingi zum Zollsteg (letzter vor der
Brücke) gefahren und dann gelaufen (ca. 10 min). Um zum Zollgebäude
zu gelangen muss man um das abgesperrte Hafengelände herum laufen.
Es gibt kein Hinweis-Schild, das anzeigt, wo man den Zoll „Douane“
findet. Aber Letztendlich ist es uns doch gelungen. Die Anmeldung war
völlig locker und unproblematisch.
Im Kourou Fluss gibt es den Steg des
Yachtclubs und den Fischereisteg. Eine Marina im herkömmlichen Sinn
ist der Steg des Yachtclubs allerdings nicht. Vielleicht ein Dutzend
Schiffe finden dort ihren Platz. Es handelt sich bei den Schiffen
allerdings um die vergammelte Flotte von dauer-liegenden Franzosen.
Die Dinger sind in einem furchtbaren Zustand, aber alle sind super
freundlich und hilfsbereit. Der Marina-Steg wird bewacht. Wobei der
Wachmann häufig durch Abwesenheit glänzt. Aber wenn er schon mal
auftauchte und wir ihn begegneten, fing er an mit uns herum zu
diskutieren (nach dem Motto wir hätten hier nichts zu suchen, auf
die Idee das ein Ausländer der auf den Club-Steg will auch ein Boot
hat ist er nicht gekommen). Wir haben ihn einfach stehen lassen und
sind zu unseren Dingi gegangen. Direkt neben der Marina gibt es noch
einen Fischerei-Steg an dem nachmittags die Fischer festmachen.
Nachdem wir eine für uns günstige freie Lücke gefunden haben,
parkten wir unser Dingi immer dort.
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wir fanden es gut am Fischerei Steg |
Der Weg in die Stadt, zum Bäcker und
zum Fischmarkt (Flussfisch 5,0 EUR/kg) ist auch etwas kürzer und das
Leihauto konnten wir auch direkt vor dem Steg parken.
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vom Fischmarkt |
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direckt in die Pfanne |
Ansonsten war es sehr ruhig auf dem
Fluss. Wir trafen weder befreundete Segler, noch überhaupt jemand.
Kourou ist der "untouristischste“ Ort den wir je gesehen haben. Niemand wartet hier auf uns, und auf
Urlauber im allgemeinen. Keiner scheint hier vom großen Kuchen
Tourismus etwas abhaben zu wollen. Kein Hinweis, wie man zum
Weltraum-Bahnhof kommt, der Haupt-Attraktion in Kourou. Keine
Wegweiser zu Autovermietungen, zum Archäologie-Zentrum, keine
Werbung für Fahrten zu den Teufelsinseln, keine Busfahrpläne,
Nichts, auch kein Taxi. Ja, es gibt noch nicht mal ein Marina-Office
in dem wir sonst die wichtigsten Infos schon bei der Anmeldung
erhalten.
Aber in der näherer Umgebung gibt es
alles, was man für das tägliche Leben braucht. Direkt am
Fischerei-Steg sind der Fischmarkt (jeden Tag bis 12h außer Sonntags) und eine Bäckerei (Wifi!). In der Hauptstraße von Bourg
(diesem Stadtteil) gibt es mehrere kleine Supermärkte und den
Gemüsemarkt, sowie einige Restaurants (Chinesen, Pizza, ein etwas
teureres Do-So geöffnet). Aber für weitergehende Erkundungen
benötigt man ein Leihauto. Denn wie schon gesagt es gibt kein Bus
und kein Taxi aber die Entfernungen sind weit. Ein Waschsalon
(Laverie Kourou) und Leader Price (Supermarkt) sind etwa 2,5 km
entfernt, dort ist auch die Post und die Bar des Sports (sehr
schnelles Wifi). Zum Super U sind es 4 km. In Pariacabo, dort wo auch
der Zoll ist, gibt es einen Laden für Bootszubehör, einen
Honda(AB)-Verkäufer und auch die meisten Autovermieter sitzen hier.
Also noch einmal in das
Industriegebiet, aber diesmal zu Fuß. Bei der sengenden Hitze ist
das keine leichte Aufgabe. Auf dem halben Weg fingen unsere Beine an
weich zu werden. Genau in diesem Moment hielt ein Auto und nahm uns
mit. Jetzt gab es den nächsten Schock die Klimaanlage war voll
aufgedreht und vereiste uns unsere verschwitzte Nasenspitze. Das
Leihauto von Renault zu bekommen war überhaupt kein Problem und der
Preis war ok. Als erstes drehten wir gleich mal eine Runde durch die
Stadt und besuchten das „Super U“.
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hier gibt es alle franz. Spezialitäten |
Dort fanden wir das
Käse-Schlaraffenland. Alle Waren werden von Frankreich geliefert.
Aber die Preise sind zum Teil sehr hoch (man muss Wissen das die
Franzosen, die hier mit der Raumfahrt direkt oder indirekt zu tun
haben sehr gut verdienen – mehr als in Europa). Mit dem Leihauto
gestaltete sich das Leben an Land viel einfacher. So konnten wir auch
einen noch offenen und wichtigen Punkt in den Griff bekommen. Unsere
elektrische Ankerwinsch hatte den Geist aufgegeben (Zähne des
Zahnkranzes waren weg). Schon von Anfang an hatten wir mitbekommen
das sie unterdimensioniert war. Somit nutzten wir die Gelegenheit im
Bootszubehör-Laden eine Tiger-Ankerwinsch zu kaufen und mit einer
besseren Kettenführung zu Montieren. Jetzt macht das Ankern wider
richtig Spaß.
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passt und funktioniert super |
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gleich im Laden montieren wir die alte Kettennuss |
Aber ein weiterer wichtiger Grund
weshalb wir in Kourou ankern ist, den Start der Ariane 5 Rakete live
zu erleben. Die ganzen Tage haben wir immer wider im Internet nach
der Startzeit geschaut sie ist immer gleich geblieben. Nur am
Start-Tag da haben wir es nicht getan und schon haben sie den Start
um eine Stunde vorverlegt. Wenigstens waren wir an Deck von Hembadoo
und konnten den Start, den extremen Lichtstrahl und das später
ankommende Brüllen der Triebwerke (der Schall braucht immer etwas
länger) beobachten beziehungsweise hören. Aus dem grellem
Lichtschein bildet sich ein Kondensschweif von mehreren Hundert
Metern aus. Den konnten wir als einzigen Fotografieren, denn wir
hatten ja unsere Fotoausrüstung nicht zur Hand. In einer
Affen-Geschwindigkeit zieht die Rakete über uns weg. Nach wenigen
Sekunden ist der Spaß vorbei und die Rakete verschwindet in den
Wolken. Nach 2,5 Minuten werden die Booster abgeworfen und fallen ins
Meer. Der, hunderte Kilometer breite, Korridor wird von der Navy
evakuiert. Bei den Teufelsinseln zum Beispiel darf man um diese Zeit
nicht mehr Ankern. Das Segler und kleine Fischerboote gewarnt und aus
der riesigen Gefahrenzone entfernt werden, das bezweifeln wir. Da
bleibt wohl ein Restrisiko von einem Raketen-Booster versenkt zu
werden.
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na ja besser als nichts |
Gleich am nächsten Tag besuchten wir
das ARIANE - Museum auf dem Gelände des Space-Center. Dort stand
eine Ariane 5 quasi zum anfassen und bestaunen (51.49 Meter hoch).
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der Vorplatz mit der Ariane 5 |
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Links unten zum Vergleich ein Mensch (blau) |
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bei Ingrid wirkt sie noch größer |
Im
Museum wird einem der Verlauf und Weiterentwicklung des
Arianeprogramm's gezeigt. Alles sehr interessant, aber leider auf
Französisch.
Es gibt zur Zeit drei Start-Rampen: für
die Ariane, für Soyuz-Raketen und die kleinen Vega-Raketen. Diese
sind kilometerweit auseinander gebaut, damit eine Fehlstart-Rakete
nicht alles abräumen würde. Des weiteren eine riesige Baustelle für
die neue Ariane 6 Rakete.
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die Baustelle der neuen Startrampe |
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die Zukunft, die Ariane 6 |
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Plan des Weltraum-Bahnhofs |
Das gesamte Gelände wird von der
Französischen Fremdenlegion bewacht. Bis zu 200 Mann übernehmen
diesen Job. Die Feuerwehr kommt aus Paris, denn nur dort hat die
Feuerwehr einen Armee-Status und darf im Dschungel diese Aufgabe
übernehmen.
In Einzelteilen wird die Rakete von
einem Frachtschiff aus Frankreich nach Kourou verladen.
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mit diesem Ungetüm werden die Raketenteile transportiert |
Dort wird sie
dann zusammen gebaut und nach diversen Tests in den Weltall
geschossen. Ein bisschen kommt man sich hier vor wie in einem Science
Fiction-Film.
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das Museumsgebäude |
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jetzt ist Schluss mit lustig, wir hauen ab |
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und suchen uns einen eigenen Planeten |
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diese technischen Spielchen für Kinder sind Interresant |
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Ingrid spürt die Kraft des Triebwerks |
Cayenne, besuchten wir dann mit dem
Mietauto. Sie ist die 63.000 Einwohner fassende Hauptstadt von franz.
Guyana (ungefähr dreimal so groß wir Kourou ). Die Straßen sind
Tip Top. Die Landschaft etwas eintönig. Parallel zur Küste führt
uns die Strecke 70 km Richtung Süden. Ab und an kommen wir durch
kleine Ortschaften. Etwas Vieh- und Landwirtschaft wird betrieben.
Dazwischen befindet sich grünes Brachland mit lichten Wäldern.
Nichts Spektakuläres. Nach einer Stunde sind wir in Cayenne.
Außerhalb von Cayenne, im reichen Speckgürtel der Stadt, gibt es
ein paar goldgelbe Sandstrände. Genau wie in Kourou ist das Wasser
allerdings braun gefärbt von den Sedimenten, die der Amazonas in
großen Mengen vor die Küste spült.
Die Reste einer Festung kann man nicht
besichtigen, da sich dort die Fremden-Legion eingemietet hat und den
Zutritt zum Gelände verwehrt.
Wider in Kourou. Es regnet. es
schüttet, es gießt, die Mengen sind unglaublich aber, Gott sei
dank, nicht zu lange. Bei 90% Luftfeuchtigkeit und 33 Grad
Lufttemperatur werden alle anstrengenden Bewegungen Eingestellt.
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wenn es regnet dann richtig |
Aber
ansonsten gefällt es uns auf dem Kourou. Schiffsverkehr ist fast
nicht existent und wir haben unsere Ruhe. Nur das Spülschiff fährt
an uns vorbei um die Fahrrinne frei zu halten. Wenn ein nur viertel
voller Tanker oder ein Frachter mit einer Ariane-Rakete im Gepäck
kommt ist das Spülschiff vorab jeden Tag unterwegs. Wir können es
kaum glauben das es diese riesigen Schiffe durch den flachen Kanal
schaffen.
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es ist kaum zu glauben, der riesige Tanker |
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wenn auch nicht voll auf dem relativ flachen Fluss |
Ein paar Fischer schauen manchmal neugierig vorbei und
regelmäßig wird für „Drachen“-Boot-Rennen geübt. Schnell
zischen die Kanus an uns vorbei. Der Taktgeber ruft laut seine
Kommandos die weit über den Fluss schallen. Es gibt Frauen und
Männer Mannschaften.
Im Cockpit haben wir laufend ganz Merkwürdige Insekten. Um was
für ein Tier es sich genau handelt, konnten wir leider nicht
herausfinden. Diese etwa vier Zentimeter langen Fluginsekten kommen
regelmäßig vorbei. Sie sehen recht furchterregend aus, sind aber
harmlos. Sie brummen an uns vorbei ohne uns eines Blickes zu
würdigen. Der Hinterleib ist mit dem Körper nur durch einen Nadel
dünnen Steg mit dem Hauptkörper verbunden. Diese bizarren Anatomie
veranlasste uns sie etwas genauer zu beobachten. Sie umfliegen uns
vorsichtig, damit es nicht zu Kollisionen kommt. Sie drehen eine
Runde im Cockpit oder Salon und hauen wieder ab.
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die sehen aus wie aus einer anderen Welt - ob sie die Ariane mitgebracht hat |
Schon ist ist es wider soweit, wir
wollen Kourou verlassen und zum Maroni Fluß aufbrechen.
Vorher machen wir aber noch ein weiteren Stopp bei den Iles du
Salut und dann erst geht es weiter nach St. Laurent du Maroni.
Dieser Ort liegt am Grenzfluss nach Surinam. Bis dorthin sind es ungefähr
90 sm über Atlantik plus ca. 25 sm Flussfahrt durch den Urwald.
Am Abend gehen wir Anker auf. Wir wollen mit dem auflaufenden
Morgen-Wasser am Maroni-Fluss ankommen. Weder Dunkelheit noch
Gegenströmung können wir da gebrauchen. Wahrscheinlich werden wir
flott unterwegs sein, da mehr als ein Knoten Strom uns nach Norden
treiben sollte. Daher brechen wir nicht zu früh auf, um nicht im
Stockfinsteren anzukommen.