Montag, 27. Mai 2019

Chaos - Trinidad zum „Zweiten“

Am Sonnabend den zweiten März kommt Grenada in Sicht. Wir entscheiden uns auf der Lee-Seite (dem Wind abgewandte Seite) lang zu segeln. Der Wind war dann doch so schwach das wir den Motor starten mussten. Nach einer halben Stunde begann das totale Chaos. Ohrenbetäubend piepten sämtliche Rauchmelder. Ich stürmte nach unten, es war alles völlig verqualmt. Ich merkte sofort das es nicht nach brennenden Holz sondern nach Öl roch. Ich riss die Tür zum Motorraum auf und siehe da der Lack vom Getriebe bildet schon Blasen vor Hitze. Sofort stoppten wir den Motor. Und schon bekam ich mein Geburtstagsgeschenk in der Karibik, das zweite kaputte Getriebe. Wir ließen uns langsam zurück treiben und das Getriebe abkühlen. Danach starteten wir den Motor nochmals und testeten wie lange es dauert bis das Getriebe zu heiß wird. Es dauert genau 20 Minuten dann musste der Gang raus. Wir hatten wider mal, wie schon so oft, Glück im Unglück, genau vor uns lag eine freie Mooring-Tonne für Tauch-Touristen. Nach dem wir das Boot daran festgemacht haben konnten wir erst einmal in Ruhe über unsere Situation nachdenken. Wir mussten eine Entscheidung treffen. Entweder in Grenada Einklarieren und hoffen das wir unser Getriebe repariert bekommen, oder zurück nach Trinidad (wo die Preise zwar hoch, aber die Möglichkeiten weit aus größer sind) und hoffen das das Getriebe bis zur Marina durchhält. Wir haben uns für Trinidad entschieden. Nach einem weiteren Tag hatten wir das Gefühl das der Wind für uns gut ist und legten ab (da wir auf der Lee-Seite genug Wind zum segeln hatten mussten wir auf freier See mit reichlich Wind und hohen Wellen rechnen – in unserer Situation ist das besser als zu wenig Wind) Es ging also recht Flott los doch nachdem wir Grenada ein paar Meilen hinter uns gelassen hatten wurde der Wind schwächer und drehte etwas nach Süd. Durch die Starke Strömung drifteten wir immer weiter in Richtung Venezuela. Ohne Motor hatten wir keine Chance Trinidad zu erreichen. Wir hatten gerade beschlossen sofort zu den ABC-Inseln zu segeln (nach Curacao) als der Wind etwas auffrischte und wider etwas nach Nord drehte. Jetzt ging es flott in Richtung Trinidad. Wir konnten bis ganz dicht an die Insel segeln. Die letzten Meter bis in die Scotland Bay sind wir mit Motor gefahren. Dort ankerten wir bis das Getriebe abgekühlt war. Die letzte Strecke bis zur Marina Power Boots schafften wir Gott sei Dank auch noch. Wir beschlossen das Schiff aus dem Wasser zu nehmen und in dem Zuge das Antifouling des Unterwasserschiffes zu erneuern.
warten auf den Trevellift
Hembadoo steht auf seinem Platz
das Getriebe ist ausgebaut, jetzt noch

das Unterwasserschiff vorbereiten

die Anzugsordnung entspicht nicht den Arbeitsschutz
Auch rückte unser Flugtermin nach Deutschland immer näher und wir brauchen uns keine Sorgen mehr über die Sicherheit machen. Nach dem ich das Getriebe ausgebaut habe und wir den Schlosser von Power Boot mit der Reparatur des Getriebes beauftragt hatten kam das große Erwachen. Das Getriebe lag komplett zerlegt in der Werkstatt. Das Zahnrad der Ölpumpe war voller Riefen. Von allen Seiten wurde uns bestätigt das dieses Getriebe mindestens 20 bis 30 Jahre gelaufen ist. Das heißt wir wurden von den amerikanischen Exporteuren voll betrogen. Vor zwei Jahren in Uruguay haben wir es als neues Getriebe, was nur schon länger im Regal lag, gekauft. Die Ursache für die Erhitzung war schnell gefunden. Die Welle eines Zahnrades im Planeten-Getriebe war beschädigt und der ganze Bereich um das schleifende Zahnrad ging in Rot-Glut über. Wir hatten nur Glück das keine Luft in den Bereich gekommen ist, sonst wäre das Getriebe wo möglich explodiert. Die extreme Hitze hat das gesamte Innenleben des Getriebes beschädigt und es musste alles mit Neuen aber auch gebrauchten Teilen ersetzt werden. Wir sind so verblieben das, wenn wir aus Deutschland zurück sind, das Getriebe fertig zusammengebaut bereit liegt.
die Ölpumpe wurde über viele Jahre eingeschliffen

das war die Ursache allen Übels, ein defektes Zahnrad im Planetengetriebe

Nach Deutschland und zurück

Der Hinflug nach Deutschland war etwas umständlich (eigentlich wollten wir ja in St. Lucia sein) aber problemlos.
auf nach Deutschland
Die Zeit in Deutschland und in der Schweiz war wie immer anstrengend aber schön. Doch dann kam der Rückflug von Frankfurt nach Tobago. Hier muss man wissen das man bei der Einreise nach Trinidad & Tobago entweder ein Rückflugticket oder ein Wohnsitz-Nachweis haben sollte. Deswegen haben wir von der Marina eine Bestätigung bekommen das unser Boot bei ihnen liegt und von der Immigration eine Bestätigung das wir wider Einreisen dürfen. Wir hatten den Flug bezahlt und wir hatten unsere Boarding Pässe. Eigentlich brauchten wir nur noch unser Gepäck aufgeben. Aber dann ging es richtig los, trotz unserer Begleitschreiben aus Trinidad wurde uns der Flug verwehrt. Die Dame am Schalter war mit ihrem gebrochenen Deutsch kaum zu verstehen. Sie faselte irgend etwas von Kolumbien obwohl um die Zeit nur ein Flug, nämlich unserer Flug, nach Trinidad & Tobago ging. Dann kam noch eine Frau von einem anderen Schalter und schrie uns an das wir den Bereich verlassen sollten. Wir waren entsetzt, wir konnten kaum glauben was hier los war. In dem Moment sah ich eine Gruppe von der Flughafenpolizei. Wir rannten, so gut es ging mit dem ganzen Gepäck, zu ihnen. Wir erklärten ihnen die ganze Geschichte, sie konnten es kaum glauben, und baten sie um Hilfe. Aus unserer Sicht gab es nur zwei Möglichkeiten entweder kam eine Vorgesetzte der Fluggesellschaft zu uns und es klärte sich alles in letzter Minute oder wir stellten Strafanzeige wegen Nötigung. Eine junge Polizistin rannte zur Chefetage der Fluggesellschaft (nochmals tausend Dank auf diesem Weg) und kam mit einer blonden Frau in Begleitung zu uns. Es war nicht mehr viel Zeit und das Boarding fast abgeschlossen. Die Frau kontrollierte unsere Unterlagen und Boarding Pässe, alles in Ordnung. Sie fragte uns noch ob wir auf die gebuchten Plätze bestehen wollten. Ehe wir richtig antworte konnten rannten wir zum Schalter der Business Class und wir wurden kostenfrei hoch gebucht. Ab da war sie wirklich unserer blonder Engel.
zum Schluss fanden auch wir unser Lächeln wider
Sie wich uns bis zum Gate (Zugang vom Terminal des Flughafens zu dem Flugzeug) nicht mehr von der Seite. Schnell noch winke, winke und wir stiegen als letzte in den Flieger – was für eine Aktion. Das ist definitiv nichts für Herzinfarkt gefährdete Leute. Dann die Ankunft in Tobago, irgendwie scheint auf unserer Stirn zu stehen - wir brauchen Stress tut was. Beim Zoll wurden wir am Röntgengerät vorbei gewunken und wir wurden zur manuellen Kontrolle gelotst. Unsere Reisetaschen waren auf Presspassung gepackt, wir hatten die Reißverschlüsse gerade so zubekommen. Ingrid als Verpackungskünstler hat in jede Socke, in jedem T-Shirt und so weiter ein Ersatzteil, Kabel und vieles mehr eingewickelt. Die Zoll Frau fuhr anfangs wie ein Schaufelbagger mit beiden Armen in die Tasche. Doch sie merkte schnell das diese Art nicht zum gewünschten Erfolg führt. Nachdem sie drei, vier Teile aus den Socken gefischt hatte gab sie auf, den der Stau hinter uns wurde immer länger. Dann wollte sie die Rechnung von den Teilen sehen. Ingrid reagierte super, wir hatten ja vieles bei Amazon bestellt und die senden die Rechnung per E-Mail. Ingrid drückte der Dame das Handy mit den ganzen E-Mails von Amazon in die Hand. Jetzt war sie völlig überfordert und winkte uns durch. Wir standen jetzt mit den durchwühlten Taschen da und mussten zusehen wie wir die Reißverschlüsse der Reisetaschen zubekommen. Mit dem nächsten Flieger nach Trinidad und dem vorab bestellten privat Taxi klappte dann alles ohne weitere Probleme. Mitten in der Nacht und völlig kaputt waren wir dann zu Hause, auf Hembadoo.

Trinidad der Alptraum geht weiter

Gleich am nächsten Tag konsultierten wir unseren Nachbarn Peter er hatte uns schon per WhatsApp informiert das unser Getriebe noch nicht fertig ist. Es ist kaum zu fassen. Ich bin in die Werkstatt und siehe da drei Mann waren mit dem Getriebe beschäftigt (obwohl nur einer daran arbeiten kann). Ich wich denen nicht mehr von der Seite, sie hatten keine Chance die Arbeiten zu unterbrechen. Nachdem der Versuch das Getriebe mit einer klapprigen Bohrmaschine durchzudrehen misslang, packten wir das Getriebe auf ein Auto und fuhren damit in eine Dreherei. Dort ließen wir es mit über 1000 Umdrehungen laufen. Vorwärts, Rückwärts alles soweit gut aber der Flansch am Getriebeausgang flatterte. Der Dreher und der Schlosser erklärten mir das der Flansch etwas abgedreht wird und dann nicht mehr flattert. Dann kam mein großer Fehler ich habe darauf vertraut das das so ist und habe mir nicht noch einmal das laufende Getriebe mit abgedrehten, geglätteten Flansch angeschaut.
Aber bevor ich das Getriebe einbaute machten wir einen Badeausflug an die Atlantikküste. Das war mal eine wirklich gute Idee und wir konnten wenigsten einen kleinen Teil der schönen Insel sehen.
alle rein in das bestellte Sammeltaxi
erst einmal ein paar Liegen ordern

nicht viel los am Strand, aber hohe Wellen bei 30°C Wassertemperatur - das macht Spass

auch in der Strandbar herscht gute Laun
am besten man bleibt gleich hier

oben in den Bergen ist es merklich kühler

und wunderschön

Hurra wir sind zurück bei unseren Problemen
Doch am nächsten Tag wurde es schon wider Ernst, voller Vorfreude habe ich schweißtriefend das Getriebe eingebaut. Nachdem alles ein- und angebaut war kamen wir auf die wirklich gute Idee den Motor, noch im trocknen, zu starten und den Propeller drehen zu lassen. Beim Gas geben gab es vibrierende Geräusche. Peter, der mit am Boot stand meinte sofort das Geräusch kenne ich, die Wellenführung sei abgenutzt. Gut das wir das jetzt noch gemerkt haben. Im Wasser hätten wir das gar nicht mitbekommen erst wenn es völlig ausgeschlagen wäre. Und wider vergehen die Tage. Propeller ab alte Wellenführung raus, neue besorgen und einpressen. Alles wider montieren. Apropos Propeller ab, das Ding war so fest auf der Welle das sich die drei Zentimeter starke Stahlplatte des Abziehers verbog. Der Hilfsschlosser mit Oberarmen wie meine Oberschenkel schlug mit einem großen Hammer dermaßen auf den Abzieher (Welle) das ich dachte Motor und Getriebe werden gleich im Salon liegen. Ich schrie wutentbrannt Stopp, ihr macht das Getriebe wider kaputt.
selbst mit diesem großen Abzieher
will der Propeller nicht von der Welle

auf diese Platte haben sie drauf geschlagen
Daraufhin sind sie losgefahren und haben Gasflaschen geholt. Nachdem sie mit dem Brenner den Propeller warm gemacht haben flog er von allein von der Welle. Nachdem alles soweit erledigt war setzten wir das Boot wider in das Wasser.
eine kleine Abschiedsfeier mit Peter und Halina
sie begleiteten uns noch bis zum Wasser

Hembadoo schwinnt wider (aber nicht lange)
Jetzt ein paar Meter Fahrt bis zur Mooring-Tonne, so ein Mist die Antriebswelle flatterte stark. Ich dachte der Fehler liegt bei mir weil ich Motor, Getriebe und Antriebswelle nicht richtig ausgerichtet hätte. Also Kupplung trennen und neu ausrichten doch nachdem die letzte Schraube raus war merkte ich das der Flansch ganz lose auf der Welle war. Ich wollte die großen Madenschrauben herausdrehen und den Flansch von der Welle ziehen, es gelang mir nicht. Ganz langsam dämmerte mir das durch die harten Schläge auf den Abzieher (Welle) die Welle durch den Flansch geschlagen wurde und alle Madenschrauben verbogen waren.
klopf, klopf mit der Wucht eines Dampfhammers

und das Ergebnis: verbogene Schrauben
Unsere Laune war wiedermal auf dem Nullpunkt. Also wider den Schlosser holen und den beibringen das es sein Problem sei. Mit brutaler Gewalt bekamen sie die Schrauben raus und den Flansch von der Welle. Er erklärte uns das dieser Flansch (Kupplung) nichts tauge und er uns einen neuen besorgen würde der geschlitzt ist und sich beim zusammen schrauben fest auf die Welle presst. Da wir schon immer Probleme mit diesem Flansch hatten willigten wir sofort ein. Nach zwei Tagen tauchte er mit der neuen Kupplung auf. Er hatte alles ausgemessen und war der Meinung die passt wie angegossen. Ich vertraute wiedermal darauf und sagte das ich sie selber einbaue. Und wider ein „Schuss in den Ofen“ der Flansch ging natürlich nicht auf die Welle. Wutentbrannt fuhr ich an Land ging zum Schlosser und forderte ihn auf das Ding einzubauen. Jetzt wurde er wütend und meinte ich bin zu Doof den Flansch auf die Welle zu schieben (ich müsste mit einem Schraubenzieher oder Meißel den Schlitz erweitern, ja was glaubt er denn was ich gemacht habe). Nach dem sie zu dritt auf dem Boot waren und über eine Stunde an der Welle herum gewürgt haben mussten sie einsehen das der Flansch nicht passte. Am nächsten Tag ist er dann in die Dreherei gegangen und hat den Flansch ein paar Zehntel ausgebohrt.

Eigentlich habe ich überhaupt keine Lust diesen Wahnsinn weiter im Detail zu beschreiben, aber ich muss. Denn diese Geschichte glaubt uns sonst kein Mensch und in ein, zwei Monaten wahrscheinlich nicht einmal mehr wir selber. Also weiter geht es.

Und wider war die Truppe mit dem passend gedrehten Flansch an Bord. Jetzt den Flansch auf die Welle, Getriebe und Welle ausgerichtet, Motor gestartet Gang rein und siehe da, wem wunderst, die Antriebswelle flattert. Wieder alles getrennt. Am nächsten Tag eine Messuhr auf den Flansch des Getriebes gesetzt. Der Schlosser hat das gar nicht hinbekommen also habe ich dem Magnetfuß von der Messuhr Halt verschafft. Und das Getriebe langsam durchgedreht und gemessen. Auf ein viertel Kreis war ein starker Ausschlag. Dem Schlosser interessierte die Anzeige nicht wirklich (zumindest tat er so). Er behauptete jetzt es läge an der Welle beziehungsweise am Propeller. Aber nicht an dem von ihm reparierten Getriebe. Rein theoretisch war es natürlich möglich das die Summe vieler kleiner Unwuchten zu einer großen Unwucht führen könnte. Da wir es so nicht beweisen konnten beschlossen wir das Boot wider aus dem Wasser zu nehmen und die Antriebswelle zu ziehen. Die Welle wurde in die Dreherei und der Propeller in eine Spezialwerkstatt zur Überprüfung gebracht. An der Welle wurde eine kleine Unwucht festgestellt da ich mit dabei war beauftragte ich sie sofort die Unwucht zu beseitigen.
unsere Welle wurde gerichtet
Am Propeller wurde ebenfalls an einem Flügel eine Unwucht festgestellt, auch die wird beseitigt. Aus meiner Sicht konnten diese kleinen Probleme unmöglich zu so ein starken flattern der Welle führen. Aber die Stunde der Wahrheit folgte. Die gerichtete Welle war eingebaut alles war zusammengeschraubt und ausgerichtet. Jetzt Motor starten und Gang rein, ups, die Welle flattert wie verrückt. Jetzt war es eindeutig es lag entweder am Getriebe oder am Flansch vom Getriebe. Mittlerweile war die Stimmung zwischen Ingrid und mir auch auf den Nullpunkt und es wurde schon mal ordentlich laut zwischen uns. Um es kurz zu machen die haben das halbe Getriebe ausgebaut ein nagelneuen Flansch montiert, das ganze auf der Drehbank getestet und dann war alles war Okay. Im Boot wurde alles zum wer weiß wievielten mal zusammengebaut der Motor gestartet Gang rein und siehe da die Welle läuft Arschglatt und macht keine Zuckung.
unser ansonsten gutmütiger Kraftprotz beim ausrichten des Motors (er benötigt nur Arme und Beine)
Es ist Freitag der 24.05.19 ein denkwürdiger Tag. Wie geht es jetzt weiter ? Am Montag Vormittag wird der Propeller montiert und am Nachmittag hebt uns der Travellift hoffentlich wider in das Wasser. Denn spätestens Mittwoch oder Donnerstag wollen wir in Richtung Grenadinen (St. Vincent) aufbrechen. Die Zeit wird immer knapper denn die Hurrikan Saison rückt immer näher. Abschließend können wir uns aussuchen was schlimmer war: die Idioten am Schalter der Fluggesellschaft in Deutschland oder die Betrüger in den USA oder die Handwerker in Trinidad mit ihrer extrem merkwürdigen Mentalität. Auf jedenfall hat uns Trinidad und der Betrug durch die US Exporteure sehr viel Geld gekostet.