Nun
haben wir beschlossen,
endgültig das europäische Festland zu
verlassen und nach Porto Santo / Madeira aufzubrechen. Wir sind schon
ein wenig angespannt, denn dies wird unsere erste längere
Atlantik-Seereise. Bis Porto Santo sind es rund 540 Seemeilen (980
km) und wir rechnen, je nach Wind, mit ca. fünf Tagen.
Also Leinen los und auf geht es
Dienstag
- Mittwoch , 31. Mai – 1. Juni: Erster Tag auf See,
Angewöhnungsphase
Die
Windrichtung ist gut wir können Segel setzen aber er ist zu
schwach, so dass wir den Motor starten müssen. Das ist auch gut
so, denn die Zufahrt zur Straße von Gibraltar ist voll mit
Schiffen aller Art und wir müssen aufpassen das wir keinen der
großen Pötte zu Nahe kommen.
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Mit AIS gut zu erkennen - Schiffe ohne Ende und der kleine schwarze mit der blauen Zeitlinie sind wir |
Der Seegang ist unangenehm,
und der Wind ändert immer wieder seine Richtung, d.h. wir sind
permanent mit der Segeleinstellung beschäftigt. Dennoch lassen
wir uns einen leckeren Brunch mit Tomaten, Gurken und Eiern nicht
nehmen. Gutes Essen hebt eindeutig die Moral - eine alte
Seglerweisheit.
Nach
einer leckeren Pizza (das Backen in unserer
Mikrowellen-Backkombination klappt auch bei stärkeren Seegang
hervorragend) versuchten wir die Segel so optimal wie nur möglich
einzustellen um etwas Motorleistung zu sparen. Der Nachthimmel ist
wunderschön so deutlich bekommt man den Sternenhimmel
(Milchstraße) an Land nicht zu sehen. Heute Nacht schlafen wir
noch nicht wirklich gut. Es ist schwierig, bei diesem Krach und den
sich immer wieder ändernden Geräuschen ruhig und entspannt
in der Koje zu liegen, nicht dauernd hinzuhören und
aufzuschrecken. Das Fazit der ersten 24 Stunden: Einerseits sind wir
müde von der Nachtwache (2 x 3 Stunden Wache und 2 x 3 Stunden
„Schlaf“). Andererseits befinden sich unsere Körper
noch in der Anpassungsphase und das Gehirn versucht verzweifelt, die
wiedersprüchlichen Informationen von Auge und Gleichgewichtsorgan
auf eine Reihe zu bringen. Dies führt ebenfalls zu Müdigkeit.
Kein Wunder, dass wir den Tag mit abwechslungsweisem Dösen und
wenig Unternehmungslust verbringen. Unser durchschnittliches Etmal
(zurückgelegte Distanz in 24h) beträgt 125 Seemeilen.
Donnerstag,
2. Juni: kein Wind aber hohe Wellen
Heute
verwandeln wir uns definitiv in ein Motorboot und erkämpfen uns
die Meilen mit Hilfe unseres treuen Diesel. Das Großsegel
bleibt draußen um das Boot etwas zu stabilisieren denn ca. 4m
hohe Wellen treffen uns seitlich. Seit heute beginnen wir auch, das
Ganze so richtig zu genießen, da sich unsere Körper an die
neuen Bedingungen gewöhnt haben. Die Müdigkeit und die
Unlust, irgend etwas anzupacken, sind endlich verflogen, und es
entwickelt sich ein aktives Bordleben. Auf unserem kleinen Zuhause
mitten auf dem Ozean wird nun auch gelesen, fotografiert, geputzt,
getüftelt und, natürlich bei strahlend blauen Himmel und
blanker Sonne, gedöst. Wir genießen das Gefühl das
uns erfasst, wenn wir um uns herum schauen und nichts als Wasser
sehen. Es flößt Respekt ein und lässt doch
gleichzeitig tief aufatmen. Freiheit!
Heute
Nacht schlafen wir abwechslungsweise im Salon, anstatt, wie
vorgesehen in der Achterkabine. Im Salon haben wir eine große
Luftmatratze aufgeblasen damit man sich beim Schlafen gut bewegen
kann und es ist der ruhigste Platz im Schiff (es ist der zentrale
Punkt).
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kuschlig und sehr bequem |
Es wird die erste Nacht, in der wir beide (natürlich
nacheinander) tief schlafen und uns trotz Motorengebrummel erholen
können.
Freitag,
3. Juni: der Wind hat uns gefunden
Endlich
Wind aus der richtigen Richtung und mit der richtigen Stärke
alle Segel sind gesetzt und es geht mit 6-7 Knoten, ohne lästiges
Motorgebrumm, in Richtung Porto Santo.
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rundum nur Wasser |
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selbstgemachtes Wasser für den Tank |
Ich starte die
Wasserproduktion mit Hilfe der Entsalzungsanlage, um die Tanks zu
füllen. Wir haben bisher 60 Liter verbraucht, inkl. Duschen,
Waschen und Abwaschen. Das duschen mit der Warmwasser-Außendusche,
ein Luxus den wir uns nicht nehmen lassen, sorgt dafür das wir
uns danach wie neu geboren fühlen. Und nun will ich auch endlich
die in Almerimar installierte Angelausrüstung ausprobieren. Ich
lasse die Leine
ausrauschen,
und wir sind gespannt, ob ein Fisch anbeißt.
... Nein, heute will keiner anbeißen.
Samstag,
4. Juni:
Die
2 x 3 Stunden vergehen angenehm mit Segel einstellen, Rundblicken,
Logbucheinträgen, Lesen, auch mal einen Film von der Festplatte
schauen und vor allem mit Staunen.
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Lesen bildet |
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der große "Auftritt" der Sonne |
Am Nachmittag ist der Wind
urplötzlich ganz weg – totale Flaute. Aber als Ausgleich
bekommen wir ein spektakuläres Schauspiel geliefert. Unmengen
an Wasserschildkröten lassen sich an der glatten Oberfläche
treiben.
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viele Schildkröten - was für ein Anblick |
Wenn uns eine zu nahe kommt reckt sie ihren Kopf in unsere
Richtung (als ob sie fragen will – was macht ihr den hier) und
taucht dann schnell ab und dann nachts, es bietet sich uns ein
besonders schönes Schauspiel. Leuchtendes Plankton, das wie
funkelnde Sterne auf den Bugwellen tanzt - als ob das ganze Universum
in Miniaturform links und rechts neben Hembadoo ins Wasser gefallen
wäre.
Dann
haben wir auch noch nächtlichen Besuch bekommen, von Flipper und
seinen Freunden! Das sah so schön aus, wie sie um uns herum
durchs Wasser geschossen sind! Sie haben im Wasser eine Leuchtspur
hinterlassen (sieht aus wie eine leuchtende Seeschlange), und einmal
ist ein Delfin aus dem Wasser gesprungen - das ganze Tier hat
geleuchtet! Wir können uns kaum satt sehen. Ist unsere Welt
nicht wunderschön?!
Sonntag,
5. Juni:
Kurz
nach 05.00 Uhr erblicke ich das Leuchtfeuer der Porto Santo
vorgelagerten Ihla de Cima. „Feuer in der Kimm“ nennt
sich das. Damit lässt sich anhand einer einfachen Formel
berechnen, wie viele Seemeilen man vom Leuchtfeuer entfernt ist –
oder man misst/überprüft die Distanz am Bildschirm –
noch 21 Seemeilen.
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totale Flaute - eine Wasseroberfläche wie im Dorfteich |
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Land in sicht! |
Die totale Flaute bleibt uns erhalten. Und dann
taucht Porto Santo mit seinen eindrücklichen Berg- und
Felsformationen im Morgengrauen vor uns auf. Land ahoi!
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das sieht schon toll aus |
Um
10.30 fiel der Anker in der Bucht vor Porto Santo. Die Inseln Porto
Santo und Madeira sowie die unbewohnten Inseln Selvagens und Desertas
bilden den Archipel Madeira. Die Inseln sind 1.000 km vom
europäischen Festland und 500 km von der afrikanischen Küste
entfernt.
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der schluck Sekt zur Ankunft muss sein |
Danach
genießen wir eine französische Pilzsuppe mit
Fleischbällchen (mmm…), die Kulisse von Porto Santo mit
dem eindrucksvollen Felsen und gehen dann noch eine Runde schlafen.
Das
Wasser ist glasklar und schillert im schönsten Türkisblau.
Die Temperatur ist mit knapp 24
Grad schon ganz ordentlich.