Donnerstag, den 19.03.20 9.00 Ankunft Curacao
Früh um 5.00 Uhr bekamen wir ein Funkruf der extrem schlecht zu
verstehen war. Ich sagte denen (vermutlich Küstenwache) vorsorglich
woher wir kommen und wohin wir wollen und das wir im übrigen nichts
verstehen und habe auf weitere Anrufversuche nicht geantwortet. Das
war das Beste was wir tun konnten. Wir hatten keine Ahnung das hier
mittlerweile das Chaos tobte. Da es im großen Ankerfeld A ziemlich
voll war trafen wir unbewusst wieder eine richtige Entscheidung und
fuhren in eine schmale und ruhige Ankerbucht , in das Ankerfeld C.
Dort entdeckten wir auch den Katamaran Casa Antonia den wir noch vom
vorigen Jahr kannten. Sie sind nur einen Tag vor uns angekommen. Sie
waren mit ihrem Besuch aus Deutschland und einem Segler Paar zurück
von einem Kurztrip nach Bonaire. Ihre Ankunft war noch dramatischer
sie wurden vor Curacao gestoppt und sind 10 Stunden lang vor Curacao
hin und her gefahren , bevor man sie in das Land gelassen hat und
ihnen eine 14 Tägige Quarantäne verpasst wurde. Mittlerweile habe
ich von Ralf (Casa Antonia) erfahren das die Büros vom Zoll der
Immigration und dem Hafen Kapitän geschlossen haben. Ordentlich wie
wir sind haben wir eine Email an die Immigration geschrieben und
gefragt wie wir uns Verhalten sollen. Wir bekamen auch schnell eine
Antwort , in der stand das wir sofort zum ein klarieren kommen
sollten. Da wir ja wissen das man hier zuerst zum Zoll muss haben wir
das auch getan. Der Zollbeamte schaute uns an wie Leute vom anderen
Stern und maulte uns voll , das wir hier nichts zu suchen hätten.
Ich zeigte ihm die Email, die ich Gott sei Dank, ausgedruckt hatte.
Nachdem er eine Weile herumtelefoniert hatte erklärte er uns das wir
uns sofort auf das Boot begeben sollten und es nicht mehr verlassen
dürften. In der Zeit wo wir unterwegs waren kam natürlich die Coast
Guard zu unserem Boot. Das wir nicht Anwesend waren sorgte nicht
gerade für Entspannung. Am nächsten Tag kamen sie wieder und von
Entspannung konnte keine Rede sein. Ich zeigte denen die Email die
vom Zoll unterschrieben war. Aber das interessierte sie überhaupt
nicht , sie brüllten uns an das wir sofort verschwinden sollten. Ich
erklärte ihnen das wir nicht genug Diesel und Lebensmittel hätten
um sofort das Land verlassen zu können. Nach dem obligatorischen
Telefonat mit dem Vorgesetzten sagte er uns wir können noch zur
Tankstelle fahren und Tanken und uns im Supermarkt etwas zu Essen
besorgen. Spätestens am nächsten Tag haben wir zu verschwinden ,
ansonsten schneiden sie unsere Ankerkette durch und schleppen uns
aufs Meer. Ich machte ihnen klar das , wenn sie uns nicht ein
Hurrikan sicheren Hafen oder Land benennen wo wir hin könnten ,
bewegen wir uns keinen Meter und sollten sie die Idee des Kappens
verwirklichen werden wir sofort May day – Piratenüberfall rufen.
Nach dem sie weg waren machten wir uns sofort an die Arbeit , ich
schrieb eine Email an den deutschen Botschafter in Den Haag und bat
um Hilfe. Des weiteren telefonierten wir mit einem niederländischen
Anwalt der auch deutsch sprach und gute Kontakte zum Umfeld des
Gouverneurs von Curacao hat. Er versprach uns sich sofort zu kümmern
denn , dieses Verhalten der Küsten Wache war seiner Meinung nach
nicht normal. In der Zwischenzeit schrieb , und telefonierte Ingrid ,
eine WhatsApp an Georg (dem Trans Ocean Stützpunktleiter von
Montevideo, Uruguay, der auch Chef der Seenotrettung ist) und
schilderte unsere Lage. Er sagte er werde sehen was er für uns tun
kann. Kurz darauf hat er bei uns angerufen und uns mitgeteilt das er
mit der Chefin der Seenotrettung in Curacao telefoniert hat , sie
sagte das wir schon bei ihr auf dem Schirm sind und an einer Klärung
der Lage gearbeitet wird. Das stimmte uns vorsichtig Optimistisch.
Als dann am nächsten Tag keine Coast Guard auftauchte um uns
abzuschleppen ging es uns wieder ein bisschen besser. Beim nächsten
Besuch waren sie schon wesentlich freundlicher und erklärten uns das
wir uns für zwei Wochen in Quarantäne befinden und wir bekamen
einen Stempel auf unsere Einreisepapiere, aber nicht im Pass. Uns
viel ein Stein von Herzen, zumindest waren wir nicht mehr illegal im
Land.
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Gesprächsrunde auf dem Wasser - mit Abstand |
Pünktlich nach 14 Tagen kam die Coast Guard mit einer Ärztin an
Bord zu uns. Sie stellte uns jede Menge Fragen zu unserem
Gesundheitszustand und war wohl mit unseren Antworten zufrieden denn
wir sollten die Bucht verlassen und in die Ankerzone A wechseln. Man
erklärte uns noch das wir uns an die Ausgangsbeschränkungen (wie
alle Einwohner) halten sollten. Mittlerweile waren uns auch die
Fakten zur Corona Infektion auf Curacao bekannt. Angefangen hat alles
mit einem älteren Ehepaar das mit dem Flugzeug von Europa gekommen
ist. Der Mann ist schon wenige Tage nach der Ankunft verstorben. In
dem Umkreis der Beiden haben sich 14 Leute angesteckt. Sie sollen
sich alle auf dem Weg der Besserung befinden. Das lässt uns hoffen
das die Beschränkungen bald gelockert beziehungsweise aufgehoben
werden und vor allen die Insel wieder Virus-frei ist (immerhin
gehören wir mit unserem Alter auch zur gefährdeten Spezies). Im
großen und ganzen kann man es hier ganz gut aushalten (Bericht
2019). Die Supermärkte sind gefüllt, die Busse fahren und die
Regeln sind nicht schwer einzuhalten.
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auf keinen Fall leben wir hier schlecht, damit wir nicht endgültig aus allen Nähten platzen |
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gehen wir jeden Tag schwimmen oder auch |
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mal Tauchen um den Rumpf zu reinigen |
Ein Problem müssen wir gelöst
bekommen, zwei 210 Ah große AGM Batterien sind dabei den Geist
aufzugeben. Da sie recht teuer sind möchten wir sie, als Yacht in
Transit, Steuerfrei kaufen. Dazu müssen wir aber komplett ein
klariert sein, vor allem beim Zoll denn die Unterlagen müssen beim
Kauf vorgelegt werden. Also auf zum Zoll. Uns begleitete Lothar vom
Katamaran "Stream Spirits" worüber wir auch sehr froh waren denn wir ahnten
schon das es großen Rede bedarf geben würde. Da unser Englisch noch
immer ziemlich mangelhaft ist und wir mit Standard Floskeln bei der
schwierigem Materie nicht allzu weit kommen, wäre das Gespräch ohne
ihm eine zähe Angelegenheit. Übrigens war mir seine Frau Heidemarie als Physiotherapeutin mit ihren heilenden Händen eine große Hilfe.
Die Busfahrt in das Zentrum von
Willemstad war völlig Problemlos (kein Stau nur leere Straßen). Da
die Brücke offen war sind wir mit der Fähre auf die andere Seite
gefahren.
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Ingrid und Lothar auf der leeren Fähre |
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voriges Jahr war hier alles brechend voll, jetzt ist es eine Geister-Stadt |
Jetzt zu Fuß zum Industriehafen und dann der Schock das
Tor war geschlossen, das einzig offene Tor war Gates 8 und das waren
noch einmal 3 oder 4 km. Wir hofften das wir querfeldein eine
Abkürzung finden, die gab es aber nicht. Zum Glück hat ein
Minibusfahrer geahnt das wir Probleme haben und hat uns zur
Immigration gefahren.
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hier liegt das deutsche Kreuzfahrt-Schiff Resolute
das von der |
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venezolanischen Marine gerammt wurde
und dadurch selber sank - Pech gehabt,
das Schiff hat die höchste Eisklasse |
Er hat sogar auf uns gewartet und hat uns bis
zum Boot zurückgefahren. Bei der Immigration gab es wieder ewig
lange Diskussionen, Telefonate mit dem Vorgesetzten und zu guter letzt doch ein Einreisestempel in den Pass (19.April 2020). Für drei
Tage waren wir der Meinung das für die nächsten drei Monate alles
klar ist. Doch dann kam am 22.04.20 eine neue Anweisung vom
Justizminister von Curacao das war vielleicht eine Hiobsbotschaft.
Der
Justizminister von Curaçao hat Folgendes angekündigt:
•
Touristen, die von der Schließung der Grenze betroffen sind, müssen
ihr Möglichstes tun, um alternative Routen für die Rückkehr in ihr
Herkunftsland zu finden.
• Wenn es nicht möglich ist, eine
Route zurück in ihr Herkunftsland zu finden, kann die Person für
die Dauer der Katastrophe auf der Insel bleiben.
Die Person wird
nicht gerügt (d. H. Kein Einreiseverbot), wenn die folgenden
Anforderungen erfüllt sind:
• Ab dem 13. März 2020 war die betreffende Person legal als Tourist
hier; (wir sind am
19. März gekommen)
• Sobald sich die Möglichkeit ergibt, muss die Person in ihr Land oder
ihre Herkunft zurückkehren.
• Wenn die Regierung erklärt, dass die Katastrophe vorüber ist, muss
die Person auch sofort in ihr Herkunftsland zurückkehren.
Was soll man dazu sagen. Ganz offensichtlich sind wir Segler bzw.
Touristen nicht mehr erwünscht und das in einem Land das vom
Tourismus lebt. Da kann man sich nur wundern. Ich weis nicht ob es
tröstlich ist das es in anderen Ländern bzw. auf anderen Inseln
noch schlimmer ist, aber auf jedenfall beeinflusst es unser weiteres
Handeln. Hier ein paar aktuelle Berichte zur CORONA Krise von Seglern
aus aller Welt
Das Desaster – Corona übernimmt das Ruder!
Mit
Britta
und Michael von der SY Vera haben wir uns immer wieder in Patagonien
bzw. Puerto Williams getroffen.
Ihr momentanes "Corona-Schicksal" im Pazifik hier:
http://bobbyschenk.de/n006/veracoron.html
oder hier zum Teil krasse Berichte aus Panama und Franz.
Polynesien.
http://bobbyschenk.de/n006/desaster4.html
Nach dem ganzen Chaos haben wir beschlossen unsere Weltumsegelung
abzubrechen und wir werden sehen das wir 2021 nach Europa zurück
segeln. Es ist nicht so sehr die Angst vor dem Virus sondern die
Angst vor den armen Einheimischen. Für die sind wir Weißen die Schuldigen und der
Virus in Persona (womit sie ja auch nicht ganz unrecht haben). Den Einheimischen ihr Leben war noch nie ein
Luxusleben, doch mit dem wegbrechen des Tourismus haben viele gar
nichts mehr. Und mit der extremen Armut und dem Hunger steigt die
Gewaltbereitschaft (siehe Venezuela). Jedenfalls hoffen wir uns bis
zum Herbst in der Hurrikan freien Zone aufhalten zu können. Sollten
wir hier weg müssen, ist die Auswahl nicht allzu groß. Uns bleiben
eigentlich nur zwei Ziele, Bonaire und Trinidad & Tobago. Zur
Zeit sind aber beide Länder völlig dicht und es wird keine Einreise
zugelassen. Eine weitere Möglichkeit wäre noch Franz. Guayana (St.
Laurent) aber das wäre eine schwere Aufgabe für unser Boot denn wir
müssten gegen den Wind und gegen den Guayana-Strom segeln. Ab
November könnten wir dann wieder die kleinen Antillen entlang nach
Norden segeln.
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aber die Stimmung unter den Seglern ist super gut
(das ist Chris, dessen Familie in Mexiko auf ihn wartet) |
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und es findet ein reger Gedanken- und
Informations-Austausch statt |
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wie geht es weiter, was ist Plan A und Plan B
auch mit Janna und Ilia von der SY Thula |
Ich vermute mal das es eine Fortsetzung des Blocks, in
der Form wie bisher, für geraume Zeit nicht mehr geben wird (keine
neuen Länder, keine neuen Abenteuer). Was uns am meisten ärgert ist
das wir nicht weit vom Insel Paradies San Blas mit den Kuna Yala
Indianern entfernt sind und keine Chance haben diese zu erleben. Auch
unsere geplanten Landausflüge für den Rest von Panama, Kolumbien
und Costa Rica sind gestrichen. Die Kanal-Durchfahrt und die
pazifischen Inseln werden ein Traum bleiben. Sollten sich gravierende
Dinge ereignen werden wir davon natürlich berichten.
Das ist auch gleich mal eine gute Gelegenheit das wir uns bei den
vielen tausend Lesern die uns auf unserer Reise begleitet haben
bedanken. Von vielen haben wir gute Tipps bekommen und genau so viele
haben sich über unsere Beschreibungen gefreut und einige sind
mit ihrem Boot unseren Spuren gefolgt. Besonders haben wir uns
gefreut wenn wir in einem fremden Hafen oder einer unbekannten Bucht
von Leuten begrüßt wurden die uns und Hembadoo sofort erkannt
haben.
In diesem Sinne wünschen wir allen Lesern vor allem gesund zu
bleiben und sich von der Nachrichtenlage nicht allzu verrückt machen
zu lassen.
Ingrid & Klaus die „Seevagabunden“