Freitag, 18. Juni 2021

Nord-Atlantik Tag 38

Eins muss man lassen, 38 Tage kein Landgang, nur Wasser, unser Boot und fern ab jeder Zivilisation, das nagt am Gemüt, aber wir können stolz berichten, bei uns hängt der Haussegen noch gerade. Die Arbeitsteilung haben wir in den letzten 6 Jahren eh schon perfektioniert und damit geht an Bord alles sein geregelten Gang. Zwei Ereignisse haben unser Alltag aber unterbrochen. Für längere Zeit sah es aus als ob wir die einzigen sichtbaren Lebewesen auf dem Atlantik sind (Sargasso-See), doch das hat sich in der letzten Zeit gehörig geändert. Wir haben jetzt immer ein bis zwei Delphin Herden zu Besuch. Die halten sich aber nicht allzu lange auf (wir sind meistens zu langsam für ihre Spielchen), aber wir sind nicht mehr allein. Doch die Krönung war vor zwei Tagen, gleich fünf Wale schwammen eine Stunde lang parallel zu uns. Als ob das nicht schon genug war, kam noch eine kleine Gruppe von Delfinen zu uns. Da wir 5 Knoten segelten und wieder einmal eine hohe Kreuzsee hatten,
erzeugten wir eine große Bugwelle. Na das war was für die Delfine. Sie schossen oben aus dem Wellenkamm und sprangen in die Bugwelle Richtung Wellental. Wir hatten schon Sorge das sie bei uns auf dem Deck landen.
endlich wider Leben im Meer 


in der Luft

und im Boot

Und dann das zweite Ereignis, mit einem "Paukenschlag" ging unsere Schwachwind-Phase zu Ende. Innerhalb von Sekunden steigerte sich der Wind von 8 auf 30 Knoten. Was für ein Streß, die Genua war voll ausgerollt und wir hatten eine Schräglage von 30 Grad. In Höchstgeschwindigkeit mussten wir die Segel reffen. Wir wussten das der Wind zulegen würde aber laut Wetterbericht auf 21 Knoten und dann erst drei Stunden später. Das war ein Muntermacher aller erster Güte. Die Zunahme der Windstärke war ja absolut in Ordnung, aber die Windrichtung ließ wieder sehr zu wünschen übrig. Im Wetterbericht war der Wind aus Nord angesagt (freu) und was hatten wir wirklich, Wind aus Nord-Ost (brrr) und wer hätte das gedacht genau nach Nord-Ost wollen wir (nach Brest oder
Roscoff). Bei einer Windstärke von 24 Knoten, mit 50 oder 55 Grad am Wind zu Segeln, mit 25 Grad Schräglage und geringer Geschwindigkeit, macht auch kein Spaß. Aktuell hat sich der Wind ein wenig auf NO gedreht aber wir segeln etwas weiter in Richtung Biscaya und dann nach Norden um ein für Sonnabend angekündigten Sturm auszuweichen. Ich habe das Wetter etwas technisch beschriebenen. Aber man kann es auch viel kürzer beschreiben nämlich "Schietwetter". Das Meer ist grau, der Himmel ist grau (außer es kommt eine Unwetter Front, dann ist er schwarz), der Regen peitscht quer über das Schiff und der Wind ist sau kalt. Oh wie vermissen wir unsere tropischen Meere.

verdammt wir frieren
wie die Weltmeister

und ständig kommen solche
Wetterfronten auf uns zu



Samstag, 12. Juni 2021

Nord-Atlantik Tag 32

Die unheimliche Begegnung.

Bevor ich über unsere Ankunft in Horta (Azoren) und der "Flucht" von der selbigen erzähle möchte ich von einem Vorfall berichten, der uns noch Tage danach schlecht schlafen ließ. Es war der 7 Juni (Tag 27) am Abend, kurz vor Sonnenuntergang meine Wache hat begonnen. Wir hatten wenig Wind und schlichen mit 3 Knoten vorwärts. Plötzlich hörte ich von hinten ein Rauschen auf uns zukommen, ich dachte eine große Welle kommt auf uns zu. Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf und hechtete zur Reling. In dem Moment erschien der Bug einer französischen Segelyacht (circa 51 Fuss neben mir. Der Abstand Betrug etwa 3 bis 4 Meter. Das Boot fuhr ziemlich schnell mit Motor. Ich wollte rüber rufen das es eine völlig bescheuerte Aktion sei, doch im Cockpit war keine Menschensele. Ich war völlig geschockt. Vor Schreck hatte ich völlig vergessen ein Foto zu machen. Der Kerl hat vermutlich geschlafen und ist mit Vollgas und Autopilot nur durch Zufall nicht auf uns aufgefahren.
So
eine Serienyacht kostet richtig viel Geld und ich habe überhaupt kein Verständnis dafür wenn man nicht die paar hundert Euro für ein AIS aufbringt. Der Atlantik ist so groß das man trotz der großen Menge von Frachtschiffen kaum eins zu sehen bekommt und von einer Segelyacht wird man fast über den Haufen gefahren - unglaublich.

Horta - Ankunft und "Flucht"
Tag 28
Das Sprichwort "was lange wehrt wird gut" scheint auf uns nicht zuzutreffen. Die letzten Meilen nach Horta haben wir absichtlich gebummelt um bei Tageslicht anzukommen. Doch dann die Überraschung, der Vorhafen war rappe voll mit ankernden Yachten und alle noch mit gelber Flagge. Die Marinas waren regelrecht überfüllt (an der Mauer lagen die Boote im Päckchen). Erstmal drehten wir eine Runde im Vorhafen um noch eine kleine Lücke zum ankern zu finden. Dann wollten wir den Anker fallen lassen doch Überraschung es ging nicht. Nachdem ich den Kettenkasten inspiziert hatte mußten wir feststellen das sich der Kettenhaufen komplett umgedreht hat und die Kette sich nicht mehr herausziehen ließ. Also sind wir wieder raus aus den Hafen und haben die Kette mit einer gewaltigen Kraftanstrengung entwirrt. Nach dieser Aktion hat auch das Ankern geklappt. Kaum hingen wir fest kamen die Marineros mit ihrem Schlauchboot längseits und erklärten uns das wir ein PCR-Test machen müssten und das nach 5 Wochen auf dem Wasser - kaum zu glauben. 

Fast alle ankernden Yachten warteten auf ein Termin, den sie per Funk bekommen. Das war uns dann doch zu doof und der Ankerplatz zu unsicher bei dem vorhergesagten starken Wind. Somit beschlossen wir sicherheitshalber voll zu Tanken und sofort weiter zu fahren. Die Wettervorhersage für die nächsten drei Tage sah gut aus aber dann war wieder eine großflächige Flaute in Sicht, na ja wir werden sehen.

wenigstens voll tanken
es ist kaum platz an der Tankstelle

die Marina und der Vorhafen sind voll
naja dann mal tschüss Horta

die letzte Insel der Azoren

Sonntag, 6. Juni 2021

Nord-Atlantik Tag 25

Wie man sieht sind wir immer noch nicht auf den Azoren. Wir sagen zwar immer wieder "macht nichts, wir haben ja Zeit" aber wenn die Winde so sind wie sie jetzt sind "nervt" es doch etwas. Ständig ändert sich die Windrichtung und wenn wir mal Windstärken von 11, 12 Knoten haben sind wir schon froh. Aber so richtig nervt der schnelle Wechsel der Windrichtung. Unser Boot ist ja keine Jolle, wo man mal schnell eine Wende oder Halse machen kann und die Segel auf die andere Seite wirft. Allein die Genua, das große Vorsegel mit etwas über 80 m2, muss faßt komplett eingerollt werden um sie auf die andere Seite zu bringen und wieder auszurollen. Das ganze geschieht nicht etwa elektrisch oder hydraulisch, sondern mit guter alter Handarbeit. Wenn man das Spiel mehrmals am Tag, oder in der Nacht, gemacht hat ist das Fittnesprogramm auf jeden Fall erfüllt. Aber trotz aller Widrigkeiten gehen wir davon aus das wir nächste Woche ankommen. Im übrigen haben wir bis jetzt 2362 NM
zurückgelegt. Der Großteil davon war in Ordnung aber das letzte Drittel gestaltete sich sehr zäh.

Mittwoch, 2. Juni 2021

Nord-Atlantik Tag 21

Oh, Oh mir ist beim letzten Bericht ein Fehler unterlaufen, da war es wohl Tag 17 und heute ist Tag 21. Aber ist ja auch egal so lagsamm geht uns eh unser Zeitgefühl verloren. Wir haben bis jetzt ca. 2150 NM zurückgelegt und unsere durchschnittliche Geschwindigkeit beträgt lächerliche 4,3 Knoten.
Wir haben eine ständige Kreuz-See das heißt eine Welle von vorne und eine von der Seite. Das macht die Fahrt nicht gerade angenehmer. Da wir das Gefühl haben unserem Ziel nicht wirklich näher zu kommen wollen wir unsere Taktik ändern und erstenmal nach Norden Segeln und dann nach Osten. Das wird auch nicht einfach, denn wir müssen erst durch ein Gebiet mit Windstille. Na ja wir werden sehen was uns diese Aktion bringt. Aber nun noch etwas erfreuliches, wir konnten sehen das wir nicht die einzigen Lebewesen auf diesen Teil des Ozeans sind. Der einzige Vogel weit und breit benutze unser Boot als Mitfahrgelegenheit. Am selben Tag kam auch eine kleine Gruppe von Delfinen, die blieben aber nicht lange, denn wir waren zu langsam um ihnen ordentlich Spaß zu bereiten. Die einzigen die hier völlig entspannt über die Wellen segeln sind die Portugiesischen Galleren. Das sind in letzter Zeit recht viele (zart rosa und blaue Quallen).
wer ein Taxi will bekommt auch eins