Samstag, 12. Januar 2019

St. Laurent du Maroni - Franz. Guyana

Am liebsten wären wir noch ein paar Tage im Regenwald geblieben. Aber es ist kurz vor Weihnachten und wir wollen unbedingt per Skype bei unseren Enkelkindern in Deutschland und der Schweiz sein. Also auf nach St. Laurent. Wir sind wider auf dem Maroni. Die Betonnung ist weiterhin ausgezeichnet und bei Tageslicht problemlos. Wir fahren immer noch nah am Flussufer dicht am tropischen Regenwald durch eine bezaubernde Landschaft. Nach ca. 6 Meilen erreichen wir die Marina, die auch zugleich TO Stützpunkt ist. David Matelicani baute hier aus eigenen finanziellen Mittel eine Marina auf, die den Seglern eine sichere Basis ist und die Attraktivität des Ortes steigert. Damit wird ein sichtbarer Beitrag zur Entwicklung der touristisch noch relativ unerschlossenen Region geleistet. Es gibt ungefähr 20 Mooringbojen im Fluss, der größte Teil des Mooring-Feldes liegt geschützt hinter einer kleinen Insel.
die Lage der 20 Mooringbojen
Wir dachten zumindest, dass es eine Insel sei. Bei Hochwasser kaum zu erkennen, zeigt sich bei Ebbe, dass die Insel ein 100 Meter langes Wrack ist.
Es ist die ‚Edith Cavell‘, ein Dampfschiff, 1898 in den Dienst gestellt, um Saint-Laurent-du-Maroni mit Gütern aller Art zu versorgen. Gesunken ist sie bereits 1924 und jetzt zu einer großen Blumenschale mutiert. Das Wrack ist erstaunlicherweise kaum verrostet und zeigt keinen Unterwasser-Bewuchs. Ich frage mich was die für eine Stahlmischung hatten.
Dafür gedeiht der Überwasser-Bewuchs umso besser.
eine schöne, kleine Insel
nein, ein schönes, großes Wrack
ein sauberer Bruch im sauberen Stahl
Gleich Visavis liegen noch ein paar Wracks, direkt am Strand. Wunderschön, von Palmen und Bromelien erobert und daneben unser Dingi-Dock. Sowohl der kleine Strand als auch der Steg dienen als Anleger für Pirogen aller Art. Das Mooringfeld ist Videoüberwacht, so dass jeder Eigner sein Boot auf der Webseite beobachten kann.
unser Anleger
ein weiteres Wrack bei Hochwasser
und bei Nidrigwasser








Offizielle Wassertaxis haben Nummern und sind häufig überdacht. In den einfacheren Ausführungen sitzt man ungeschützt und Wolkenbrüche kommen zeitweise so schnell herbei, dass es eng werden kann, sein Ziel trocken zu erreichen. Den ganzen Tag wuseln die Pirogen zwischen uns herum (Taxis oder Flussfischer), ohne uns zu stören. Die meisten nehmen reichlich Gas weg, bevor sie ins Ankerfeld einfahren. Am erstaunlichsten ist der Grenzverkehr nach Surinam. Dutzende von Pirogen fahren ohne Unterlass ständig hin und her. Entweder sind die Piroggen rappe voll mit Kisten, Fässern und Körben oder mit Leuten. Das sichert Beschäftigung und Einkommen.
Nachmittags gingen wir an Land, um uns einen Einblick von Land und Leute zu verschaffen. In einem kleineren Supermarkt konnten wir Preise vergleichen und waren mehr oder weniger überrascht. Im allgemeinen waren sie so wie in Deutschland, einiges war teurer und anderes wiederum billiger. Im Vergleich zu Kourou war alles ein klein wenig billiger. Aber in Gegensatz zu Brasilien natürlich Sau teuer.
bei 32°C im Schatten
wirkt die Weihnachts-Deko etwas seltsam








Der Fischmarkt (hinter dem Clubgebäude nach rechts und immer am Wasser entlang) ist täglich geöffnet und bietet preiswerten, fangfrischen Fisch.
immer wider starker Regen
da wird selbst der Weg zum Fischmarkt
zum Abenteuer - immer an Gefängnismauer lang
 
aber dann haben wir doch noch unser Fisch

so gefällt er uns am besten
Der riesige Gemüsemarkt hat allerdings nur Samstag offen, ist aber auf jeden Fall einen Besuch wert. Das Gemüse und Obst im Supermarkt kommt aus der Kühlung und ist somit auf dem Schiff nicht lange haltbar. Wenn man nicht aufpasst, sind die teuren Paprika bereits am nächsten Tag am schimmeln. Da ist es besser auf dem Markt die örtlichen, ungekühlten Produkte zu kaufen.

Das angebotene Gemüse ist etwas kleiner, schrumpeliger aber auch preiswerter und schmackhafter. Asiaten verkaufen Chilis, Pak-Choi, Thai Basilikum, Zitronengras und grüne Salate. Schwarze Big-Mamas in bunten Kleidern (wie schon gesagt, wie in Afrika) sitzen vor Bergen von Ingwer, frischem Kurkuma, Yamswurzeln und Kochbananen. Indios verkaufen Räucherfisch, wilde Mangos und Maracujas. Es gibt Ananas, Papayas, Wassermelonen und leckerste Auberginen. Jetzt gilt es die unbekannten Dinge zu erforschen.
Einen ordentlicheren Markt haben wir lange nicht gesehen. Es gibt feste Gebinde-Größen oder Kontingente. Alles kostet entweder einen oder zwei EURO, ob das mangelnden Rechenkünste, Bequemlichkeit oder Cleverness (man muss eigentlich immer mehr kaufen als man will, einzelne Gurken zum Beispiel gibt es nicht, da kann man diskutieren wie man will) geschuldet ist, bleibt uns unklar.
der Markt ist ganz schön groß
und viele Menschen sind hier unterweg
es giebt hier

einfach alles














Es gibt auch einige kleine chinesische Supermärkte und einen Super U in etwa 2,5 km Entfernung. Wie in Kourou geht es in dem großen Supermarkt eher französisch zu. Eigentlich ist alles aus Frankreich importiert. Ziemlich absurd, angesichts des reichhaltigen Angebots Südamerikas und sicher auch ökologisch nicht besonders wertvoll. Aber wir freuen uns trotzdem, das wir weiterhin leckeren Käse, Croissants und Baguette kaufen können.
eine moderne Kaufhalle eben und das beste ist die Klimaanlage hier hält man es aus
Saint Laurent ist ein netter Ort. Durch die vorwiegend schwarze Bevölkerung fühlt man sich ein wenig wie in Afrika, nur das es hier viel, viel sauberer ist. Die Weißen legen teilweise noch etwas koloniales Gehabe an den Tag und scheinen lieber unter sich zu sein, doch sonst scheint dieser Kulturmix ganz gut zu funktionieren. Wir werden zumindest überall freundlich begrüßt! Interessant ist auch die Volksgruppe der Maroons, die in dieser Gegend ihren Schwerpunkt hat. Maroons sind ehemals geflohene Sklaven, die gut versteckt vor ihren Häschern im dichten Amazonas, Dörfer gründeten. Dort führen sie teilweise bis heute ihre afrikanischen Traditionen fort.
Gegen Abend treffen sich die Menschen gerne am Wasser (kleiner Strand mit überdachten Unterständen), genau gegenüber von unseren Liegeplatz. Die jungen Leute lassen ihre Anwesenheit erkennen, indem sie die Türen vom Auto öffnen und ihre Musikanlage voll aufdrehen.
aber manche übertreiben es wirklich
Richtig schwer beeindruckt waren wir vom Silvester Abend. Schon Tage zuvor wurde herumgeknallt und Feuerwerk abgebrannt. Aber was an Silvester los war sorgte auch bei uns für große Kulleraugen, Das ganze kann man nur wie ein stundenlangen Wettstreit der besten Feuerwerker beschreiben. Es war gigantisch. In Deutschland wäre es wohl undenkbar das solche Feuerwerks-Batterien in private Hand geraten. Das meiste war wahrscheinlich von den chinesischen Händlern importiert. Auf jedenfall haben sie franz. Guayana als Raketenzentrum keine Schande bereitet. Einfach nur wunderbar. Prosit 2019.
die ganze Stadt war
ein einziges Lichtspektakel








Noch einmal zu der Marina, sie hat eine interessante Preispolitik. Zunächst muss man einer Assoziation beitreten (Beitrab 20 Euro/Jahr) um dann die Marina benutzen dürfen. Die Boje kostet dann 12 Euro/Tag. Als wir dort waren, war Davide, der Besitzer, nicht da, aber wir sind mit dem jungen Man und der jungen Frau gut zurecht gekommen.
Es gibt keine Duschen und Toiletten, aber man kann beim Café seine Wäsche waschen und trocknen was Ingrid auch regelmäßig nutzte. Einmal die Woche gibt es die Möglichkeit mit dem Auto zu Super U mitzufahren. Man bekommt Hilfe beim Ein- und Ausklarieren (man wird mit dem Auto zur Immigration gefahren und sie sorgen dafür das man ein Stempel in den Pass bekommt – ist nicht selbstverständlich da wir ja EU sind, aber gut für die Einreise in das nächste Land) dieser Service ist sogar im Preis enthalten.
die beiden vom Club
waren uns immer behilflich
der Club ist auch TO-Stützpunkt
zur Waschmaschine gehts durch die Küche
die Imigration, hier gibts den Stempel im Pass
ein Cafe beim Club ist immer gut
Übrigens, der Maroni führt hier Süßwasser und enthält weniger Sediment als der Kourou das heißt die Produktion unseres Wassermachers verdoppelte sich auf 200 Liter pro Stunde – echt Super. So sind wir nicht auf das Wasser von der Land-Leitung angewiesen. Hinter dem Café ist ein Wasserhahn dort bekommt man kostenlos Wasser. Wir bevorzugen das Wasser aus dem Wassermacher, das ist 100 Prozentig rein und mineralisiert.
Mahnmal für die Gefangenen
Schon wieder Gefängnisse, gleich neben dem Marina Gebäude bezw. der Touristen Info befindet sich von dicken Mauern umsäumt das „Camp de la Transportation“. Das war das Ankunfts- und Verteil-Zentrum von franz. Guyana. Zwei, dreimal im Jahr kam eine Schiffsladung Gefangener mit bis zu 600 Männern in St. Laurent an. 1852 wurden die ersten Gefangenen hier in diesem Camp empfangen, von hier wurden sie auf mehrere Dutzend Lager innerhalb Französisch-Guyanas verteilt oder in die auf den Iles des Saluts geschickt. Der Gang durch das Eingangstor bedeutete für nahezu alle, die hierher deportiert wurden, den Anfang vom Ende.
Bevor wir nach St. Laurent gefahren sind, haben wir uns (im Regenwald) nochmals den Film "Papillon" angesehen, der auf der Grundlage des gleichnamigen autobiographischen Romans von Henri Charrière gedreht wurde. Henri Charrière ("Papillon") hat in seinem Buch allerdings nicht nur seine eigenen Erfahrungen beschrieben, sondern auch die anderer Gefangener. Der Film "Papillon", wurde nicht an Originalschauplätzen gedreht. Im Film wurden die Ereignisse des Buches dann nochmals etwas verfremdet dargestellt. Aber man bekommt auf jedenfall einen guten Eindruck davon, wie brutal und unmenschlich es in diesen Lagern zuging. Glücklicherweise wurden sie Ende der 1930er Jahre auch endgültig geschlossen. Die Eindrücke aus diesem Film verfolgen uns und wir besuchten das Gefängnis mit einem ziemlich beklemmenden Gefühl. Henri Charrière war wegen Mordes verurteilt und hierher deportiert worden, unschuldig, wie er sein Leben lang beteuerte. Ihm gelang mehrfach die Flucht, abgesehen vom letzten Versuch immer ohne Erfolg. Das brachte ihm eine jahrelange, grausame Einzel- und Dunkelhaft ein.

Camp de la Transportation, der Beginn des Leidens
Zelle Nr. 47, hier war "Papillon" inhaftiert
Eigentlich wollten wir noch mit dem Dingi flussaufwärts zur Lepra-Insel. Hierher wurden früher die Lepra Kranken verbannt und Papillon hat bei einem seiner vielen Fluchtversuche hier Helfer und ein Boot gefunden. Aber das Wetter machte uns ein Strich durch die Rechnung. Es Regnete immer wieder Wolkenbruchartig und es war dabei auch noch recht Windig so das sich auf dem Maroni ordentliche Wellen entwickelten. Alles in allem ganz schlechte Voraussetzungen für eine längere Dingifahrt und somit verzichteten wir auf diese.
Weiterhin wollten wir von Saint Laurent nach Suriname segeln, die Tourist-Card für Suriname bekommt man schon in Saint Laurent. Das Surinamische Konsulat ist gut zu Fuß zu erreichen (gegenüber von Sixt), die Tourist-Card kann man dort mit der Geld-Karte bezahlen, das Ganze dauert keine fünf Minuten.
das Surinamische Konsulat
gegenüber befindet sich Sixt








Aber wir mussten feststellen das wir vom braunen Wasser genug hatten und sehnten uns nach dem kristallklaren Wasser der Karibik.
Trotz der Schlamm-Farbe der Flüsse waren wir gerne in Französisch Guyana. Der Raketen-Start, das Speace-Center und der Besuch auf den Teufelsinseln war schon etwas ganz Besonderes. Die Zeit im Regenwald erinnerte einen in ihrer Einsamkeit an Feuerland.
Warum es allerdings weder auf den Inseln noch am Maroni und deren Nebenflüsse keine Mücken gibt (wie auch in Brasilien), dafür haben wir keine Erklärung. Vielleicht hat es etwas mit der Ausrottungs-Aktion wegen dem Zika Virus zu tun.

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