Also Stromkabel rein, Festmacher und Mooring Leinen lösen, Maschine rückwärts! Jetzt noch kurz zur Wassertankstelle und die Diesel-Tanks bis Anschlag füllen (so bequem wie hier haben wir es so schnell nicht mehr). Die Allerheiligen Bucht empfängt uns mit ordentlich Welle und einem Wind, der genau von vorn einfällt, für uns heißt das mit Motor in Richtung Atlantik. Erstmal müssen wir durch das Feld der auf Reede liegenden Großschiffe und aufpassen das nicht einer unseren Weg kreuzt.
“Nur” 500 Seemeilen, und die am
Stück, liegen vor uns. Das sind selbstgemachte Leiden, wir könnten
ja Zwischenstopps einlegen, wollen es aber nicht, denn die
Windvorhersage für die nächsten Tage ist gut für uns. Aber erst
einmal müssen wir mit einem Hart-Am-Wind-Kurs Abstand von der
brasilianischen Küste gewinnen. Der Sinn besteht darin das wir für
die weitere Fahrt nach Norden einen besseren Windwinkel bekommen und
die Wellen sind im tiefen Wasser nicht so ruppig. Außerdem wollen
wir uns von den teils unbeleuchteten Fischerbooten fernhalten, die
oft an der 100 oder gar 200 Meterlinie herumdümpeln. Die
beleuchteten fahren links von uns hin und her, aber immer schön mit
Distanz. Durch das Ausschau halten nach Fischern sind die Wachen
abwechslungsreicher und vor lauter beobachten vergisst man das müde
werden. Der Wind kommt aus Ost, meist mit einer Stärke um die 16
Knoten.
Geschafft! Nach einer extrem entschleunigten Nacht, wir segelten
sehr langsam in Richtung Joao Pessoa um bei Tageslicht in den Kanal
einzufahren. Von weitem schon ist der Leuchtturm Pedra Seca zusehen,
der am Ende einer Riffreihe steht. Pünktlich wie die Maurer
erreichten wir die Zufahrt zum Rio Paraiba bei einlaufenden Wasser.
Der Wind ist super und wir können den größten Teil der Strecke
Segeln. Durch den Kanal geht es im Fluss an Hafen von Cabedelo
vorbei. Eine kleine Personen und eine Autofähre legen ab da heißt
es aufpassen. Da der Wind jetzt schwächelte rollten wir das Segel
ein und starteten den Motor. Für einen kleinen Moment hatte ich den
Überblick verloren, ich hatte auf dem Kartenplotter den Zielpunkt
hinter Cabedelo gesetzt doch da gab es nur eine Fischersiedlung und
keine Marina. Über Funk begrüßte uns die SY Sunshine die in der
Marina lag. Sie haben unser AIS-Signal gesehen und erklärten uns das
wir noch ca. drei Meilen flussaufwärts fahren müssen. Auf einmal
rief Inge von unten „hier riecht es so komisch“. Ich rannte nach
unten öffnete den Motorraum und siehe da, alles ölig. Ich fluchte
„verdammter Mist ist denn die Pannenserie noch nicht zu Ende“. Es
war eindeutig zu erkennen das Öl spritze aus der Wellendichtung vom
Getriebe. Das hatten wir ja 2017 in Piriapolis neu eingebaut. Wir
wussten auch das es sich schon ein paar Jahre im Lager befand. Aber
auf die Idee das die Wellendichtung im laufe der Zeit hart geworden
ist sind wir nicht gekommen. Das ganze bedeutet das wir wider mal
länger an einem Ort bleiben. Doch dann sehen wir die Marina und
viele bekannte Yachten. Wir ankerten erst einmal neben der SY
Dandyline (wir haben uns seit 2017 in Piriapolis/Uruguay immer wider
mal getroffen). Außer der vorab schon erwähnten SY Sunshine waren
auch die SY Nadin und die SY September in der Marina. Kaum das wir
den Anker fest hatten, flitzt ein Dinghi auf uns zu, Wie sich
herausstellte war es die Tochter von der hilfsbereiten Frau am
Flughafen in Salvador. Das war vielleicht eine schöne Überraschung
- die Welt ist eben doch ein Dorf!Joao Pessoa ist für Fahrtensegler ein wohlbekannter Ort. Dies liegt in erster Linie an seiner Lage dem östlichsten Punkt Südamerikas, daher ist die Distanz von den Kap Verden deutlich kürzer als gleich in die Karibik. Jacare gehört zu Cabedelo und dieses ist ein Vorort von Joao Pessoa, aber eigentlich sind all diese Orte in den letzten Jahren mehr oder weniger zusammen-gewachsen. Jacare heißt auf Deutsch „Krokodil“, jedoch ist die Change eines zu sehen eher gering.
Die Sonne brennt gewaltig, hier musste sofort das Sonnensegel übers Deck gespannt werden. Am nächsten Tag, Montag, den 15.10., verabredeten wir uns mit Fon von der (SY Sunshine) am Marina-Office. Er half uns mit seinen französisch Sprachkenntnissen einen guten Liegeplatz am Steg und einen guten Mechaniker, der eine neue Dichtung und das nötige Werkzeug besorgt, zu bekommen. Wir erklärten auch gleich das ich das Getriebe alleine aus und einbaue (ich hatte es ja genug geübt). Dienstag früh ging es dann zu unseren Liegeplatz am Steg. Der Mechaniker war zum Wochenende bestellt, ich hatte also genügend Zeit und konnte in Ruhe das Getriebe ausbauen.
die Club-Bar und Nico hinter dem Tresen |
Ein Stück von der Marina entfernt ist die Touristen-Village. Dieser Ortsteil wird am Nachmittag richtig lebendig. Viele Touristen, Ausflugsboote, Kneipen, laute Musik, Souvenir-Läden und überall Krokodil-Statuen. Die Leute kommen um den Sonnenuntergang zu bestaunen oder eine Runde mit den Flussschiffen zu drehen. Eins darf überhaupt nicht fehlen das allabendliche Bolero-Spektakel rund um den Flusssaxophonisten. Immer zu selben Zeit das selbe Lied, bis die Sonne untergeht. Unglaublich, dass ein einzelner Mann mit einem Saxophon eine solche Einnahmequelle generiert hat! (er steht sogar im Guinness-Buch der Rekorde)
Wenn wir abends an Deck sitzen müssen wir feststellen das wir die Fotomotive sind. Allabendlich, ziehen hier die doppelstöckigen Flussboote an uns vorbei. Ganz dicht an der Marina fahren sie entlang, Dreiviertel der Gäste steht mit gezücktem Fotoapparat an der Reling und fotografiert mit staunender Ungläubigkeit die kleine Schar der “Weltumsegler”. Für viele unfassbar, mit so kleinen Schiffen von Deutschland, Frankreich oder England bis nach Brasilien zu segeln. Viele Brasilianer können noch nicht mal schwimmen. Gegenseitiges Winken und Fotografieren, dann sind die Touristen auch schon zur nächsten Attraktion weitergezogen. Der bordeigene Stimmungsmacher gibt noch einmal alles, die Truppe grölt und stampft zur Musik und freut sich auf den Sonnenuntergang mit Maurice Ravel's Bolero-Tönen untermalt (Meistens ist auch eine Violinistin mit an Bord).
warten auf den Sonnenuntergang |
die Touristen Flußschiffe |
das Piraten Ausflugsboot liegt gleich neben uns am Steg |
Unser Mechaniker tauchte auch pünktlich auf und machte einen kompetenten Eindruck. Die Haltemutter musste er mit einem Meißel losschlagen. Das ging relativ schnell und schon hatten wir die Dichtung in der Hand. Er erklärte uns das er das Wochenende bis Anfang nächster Woche brauch um neue Schrauben für den Flansch, eine neue Wellendichtung und ein riesengroßen Steckschlüssel für die Flansch-Mutter zu kaufen.
der Anblick des Getriebes kommt einen bekannt vor |
Zugfahrt nach Joao Pessoa
Wir hatten ja seit dem ersten “Trööööt” des mehrfach am Tag vorbeifahrenden Zuges (man sieht ihn nicht, hört ihn aber tuten) beschlossen: “Mit dem müssen wir auch fahren”. Also geht es zur Bahnstation von Jacare. Wir wollen nach Joao Pessoa um uns die Stadt anzuschauen. Die Zugfahrt ist nicht so spektakulär, aber doch ganz anders wie in Europa. Uns fällt auf, dass man in den Waggons auch locker ganze Kühe, Pferde oder Eselskarren transportieren könnte. Und an dem Fahrpreis von einem Real pro Person (das sind 23 Eurocent) kann sich der deutsche Bahnverkehr mal ein Beispiel nehmen. Der Einfachheit halber gilt der Preis pro Fahrt, egal, wo man aussteigt. Es war ja ein Sonnabend wo wir mit der Bahn gefahren sind, vielleicht wäre es schlau gewesen sich vorab über die Fahrzeiten des Zuges zu erkundigen.
der Zug kommt |
alle einsteigen |
In Joao Pessoa ankommend steht man gleich mal mitten im „Schrauberviertel“ (viele Eisenwarenläden), ein Hardwareladen neben dem anderen lässt bekanntlich das Herz jedes Seglers höher schlagen. Wie in Brasilien üblich herrscht in den Städten eine strikte Gruppierung der Zünfte und man hat daher Geschäfte gleicher Gattung immer eng beisammen. Weiter geht’s also den Berg rauf, links erst die Küchen- und Gasutensilien, dann die Kleidung und rechts an der Haushaltselektrik vorbei. Kaum zu glauben, welch große Aktivlautsprecher der Brasilianer zu Hause braucht, und um einem die Notwendigkeit einer solchen Investition gehörig vor Augen zu führen wird man hier gleich mal ordentlich beschallt. Überall werden wir von Musik und durcheinander quasselnden Menschen empfangen, denen es egal ist, ob wir sie verstehen oder nicht. Brasilien ist eben laut, aber wir lieben es trotzdem!
jetzt geht es los |
auf Körperkontakt muss man sich einstellen |
und überall kleine Geschäfe und Händler |
Nach unseren Rundgang durch die Stadt sind wir wider zurück zum Bahnhof gegangen. Mittlerweile war es Nachmittag und der Bahnhof war abgeschlossen. Wir konnten es kaum glauben. Ein paar Leute die sich vor dem Bahnhof aufhielten erklärten uns das der Zug am Sonnabend nur bis 13:00 Uhr fährt. Als Alternative bleiben nur Bus oder Taxi. Die Strecke ist sehr lang selbst für brasilianische Verhältnisse würde uns eine Taxifahrt ziemlich viel kosten. Also wider zurück und zum Busbahnhof Rodoviário de João Pessoa. Wir staunten über den Andrang. Überall an den schmalen Eingängen, mit Drehkreuz, Warteschlangen. Wir nannten das Ziel, bezahlten die zwei Real und quetschten uns durch das zu kleine Drehkreuz. Dann standen wir auf dem weiträumigen Gelände wo die Menschenmassen hin und her wuselten. Die Frau an der Kasse hat uns zwar gezeigt in welche Richtung wir müssen, aber auf den Abfahrtsschildern fanden wir nirgendwo den Namen Jacare, Jetzt haben wir angefangen uns durchzufragen. Wiedermal eine Frau hatte mit uns erbarmen und begleitete uns zum Info stand. Dort schrieb man uns ausführlich die Fahrstrecke auf ein Zettel, vor allen den Ort mit dem Umsteige Terminal. An der richtigen Bushaltestelle leuchtete uns auch der Name des Zwischenstopps auf dem Hinweisschild entgegen. Die Stadt sah vom Bus aus gesehen viel besser aus. Er fuhr durch die Stadtteile der etwas Besser betuchten.
Mittlerweile ist auch der Mechaniker mit allen neuen Teilen aufgetaucht und das Getriebe konnte wider zusammengebaut werden. Ich hatte beim einbauen des Getriebes bei 32 °C viel Spaß. Per Zufall treffen wir auch Christian, den Segelmacher der auch stabile Beiboote aus GFK baut. Die gefallen uns richtig gut, liegen aber preislich dann doch über unserem Budget und sind auch ein klein wenig zu groß. Wir besichtigen die Segelmacher-Werkstatt. Neue Segel kann er wohl keine nähen, aber Reparaturen und das anfertigen von Sonnensegel etc. sind hier gut durchführbar. Wir beschlossen das er für uns einen neuen Cockpit-Tisch anfertigen sollte.
Jetzt waren auch die meisten Yachten wider los gesegelt und es wurde sehr ruhig in der Marina. Wir machten Winke-winke und wünschten Fair Winds.
Für uns war es das Signal auch endlich fertig zu werden damit wir auch los können. Aber ein komplizierten Fall muste ich noch lösen. Bei der Fahrt von Feuerland nach Brasilien hatten wir ja sehr viel Wasser im Boot. Wir hatten nach dem abpumpen alles (fast alles) getrocknet und gereinigt. Nur an den Tauchkompressor der sich in einem gelben PVC-Behälter befindet haben wir nicht gedacht. Bevor wir in See stechen wollte ich noch einmal Tauchen und das Unterwasserschiff kontrollieren. Als ich den Kompressor rausholte staunte ich wie verrostet ja geradezu verrottet das Gerät war. Ich glaube die meisten hätten den Kompressor in den Müll geworfen.
was für ein |
trauriger Anblick |
aber es ist |
nie Hoffnungslos |
Ich habe zwei Tage investiert und ihn in seine kleinsten Bestandteile zerlegt. Dann alles geputzt mit Süßwasser gewaschen und wider geputzt. Nach dem trocknen in der prallen Sonne (vor allen die Motorwicklung) wurde alles gut gefettet wider zusammengebaut. Dann kam der große Moment Spannung anlegen und siehe da er läuft. Obwohl ich ehrlich gesagt auch so meine Zweifel hatte. Jetzt konnten wir das Boot Seeklar machen und die Abfahrt vorbereiten. Nicolas, vom Marina Restaurant, der auch fließend Portugiesisch spricht fuhr uns zu den Behörden zum Ausklarieren.
Jetzt war es soweit das wir Brasilien entgültig verlassen denn unser nächstes Ziel war französisch Guyana.
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