Am Freitag Nachmittag den 20.5.2016
hieß es für uns wieder Leinen los! Der Wetterbericht sagte für die Straße von
Gibraltar gute Segelbedingungen voraus. Ein guter Ostwind schob uns in die
Straße von Gibraltar und um uns herum sprangen Delfine, unsere Welt war in Ordnung.
Wir suchen und finden den schwächsten Gegenstrom dicht unter Land: Wir müssen
bis auf ein paar Hundert Meter an die Küste ran gehen, ansonsten steht uns der
Strom mit mindestens 2 kn entgegen. Doch dann legt der Wind bis auf 35 Knoten zu, man hat
das Gefühl das Wasser um uns herum kocht. Wir hatten ein super Tempo drauf 9,2
Knoten durchs Wasser. Doch dann gab es einen Knall und der Großbaum flog auf
die andere Seite. Der sogenannte Bullenstander (eine Leine die das
Unkontrollierte umschlagen des Großbaums, man nennt es auch Patenthalse, verhindert) war
gerissen. Ich hatte wohl die Kräfte die da wirken etwas unterschätzt und die
Leine war wohl zu schwach. Bei dieser Aktion hat es beide Doppelblöcke der
Großschot zerlegt. Aber wir hatten dennoch Glück im Unglück, der Haltebolzen vom Wagen des
Großschottravellers ist zwar verbogen aber er blieb eingerastet und hat somit
verhindert das der Großbaum bis in die Wanten schlägt und noch größerer Schaden
entstanden wäre. Das Großsegel musste eigentlich unbedingt eingerollt werden
das ging aber nicht, da die Führungsrolle für die Leinen in Richtung Cockpit
auch raus gerissen war. So beschlossen wir mit vollen Großsegel in die westliche
Bucht von Tarifa zu Segeln und dort vor dem Strand zu Ankern.
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die westliche Bucht von Tarifa |
Die Leute am Strand müssen auch gedacht haben, was für Helden, mit vollen Segel in Richtung
Strand in den Wind schießen (mit dem Bug in Windrichtung, damit kein Druck mehr
auf den Segel ist) und Anker rein. Ein Manöver als wenn wir mit einer Jolle
segeln und nicht mit ein 15m Langkieler. Jetzt konnten wir das Großsegel
einrollen und den Schaden in Ruhe betrachten. Wir kamen zur Erkenntnis das wir
für die Reparatur etwas mehr Zeit und vor allem ein gemütlicheres Plätzchen
benötigten. Deshalb ging es am nächsten Tag weiter nach Sancti Petri, südlich
von Cadiz. Die Einfahrt nach Sancti Petri war nicht einfach die Wellen des
Atlantik`s trafen auf den ablaufenden Gezeitenstrom plus der Strömung des
Flusses, in der relativ schmalen Fahrrinne ging es ordentlich wild zu. Für
Leute die dort auch zum ersten Mal hin wollen lautet die Empfehlung ganz kla,r
entweder bei Hochwasser oder Niedrigwasser einfahren, auch bei ansteigender
Flut geht es noch halbwegs. Aber uns wäre das ja alles viel zu einfach gewesen,
wir mussten uns ja unbedingt für die schlechtesten Bedingungen entscheiden. In
der zweiten Hälfte des Ablaufenden Wassers (wo die Strömung am stärksten ist)
und bei starken Seitenwind haben wir eine halbe Stunde lang versucht eine Leine
von den Mooringtonnen (Fest verankerte Boje) einzufangen was uns anfangs nicht
gelang. Links und rechts waren Boote, so dass unsere Manövriereigenschaften
doch sehr begrenzt waren. Am Ende des Mooringfeldes kam uns die glorreiche Idee
bis zum nachlassen der Strömung zu Ankern. Also Anker rein, rückwärts fahren bis
die Kette straff ist, Anker scheint zu halten doch eine Minute später hat die
Strömung den Anker aus dem Schlamm gespült und Rums- Rums wir haben
Grundberührung! Motor Vollgas und zurück. Glück gehabt, wir sind wieder frei gekommen und es ist nichts passiert. Parallel dazu hat Ingrid wieder den
Anker eingeholt, der Anker hing nur noch zwei Meter im Wasser, plötzlich
Stille, die Ankerwinsch dreht sich nicht mehr (Sicherung defekt). Doch mit
einem im Wasser hängenden Anker können wir unmöglich ins Mooringfeld zurück
also Winschenkurbel schnappen und Anker von Hand hoch kurbeln. Dann wieder eine
freie Tonne gesucht und zwar eine wo wir viel Platz zum heranfahren hatten, der
Wind und die Strömung hatten mittlerweile auch nachgelassen und so bekamen wir
zuguterletzt doch noch beide Leinen an den Bug.
Einen Tag mussten wir uns von diesem ganzen Chaos erholen – und ein wenig unsere
„Wunden lecken“. Wir haben an diesem Tag viel gelernt… da wir ja versprochen haben, über alles
zu berichten – schreiben wir auch über
diesen Pleitetag. Ansonsten sollte man leise lernen und schweigen…-) Die Leinen werden erst wieder gelöst, wenn wir alles
repariert und die Umgebung ausgiebig erkundet haben, die Segelreise soll
schließlich nicht in Stress ausarten.
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der Blick Flussaufwärts |
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Strand mit Dünen
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Bei näherer Betrachtung unserer Umgebung sind wir auch in
einer landschaftlichen Perle gelandet. Auf der einen Seite ein Lehrer Sandstrand
mit großen Dünen im Hintergrund und auf der anderen Seite die kleine Marina – Club Nautico Sankti Petri (ist auch der
Betreiber der Mooringtonnen).
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der Plastikmüll muss klein gehalten werden |
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WC Reparatur ist nicht so prickelnd |
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aber sehr wichtig |
Bevor es mit den persönlichen
Erlebnissen weitergeht ein paar Fakten zur Umgebung. Wir befinden uns an der
Küste des Lichts, auf Spanisch Costa de la Luz. Die Costa de la Luz gehört zur
Region Andalusien. An der Costa de la Luz liegen viele große Städte, unter
anderem Huelva, Cádiz, Jerez de la Frontera und
Tarifa. Bei der Stadt Tarifa (wo wir ja eine Nacht in der Bucht zugebracht
haben) liegt der Punkt Spaniens, der am nächsten an der Küste Marrokkos liegt,
die Entfernung an diesem Punkt beträgt nur rund 14 Kilometer.
Die Costa de la Luz endet östlich gesehen genau an der Straße von Gibraltar,
die Meerenge, die eine Verbindung zwischen dem Atlantischen Ozean und dem
Mittelmeer herstellt. Dort geht die Costa de la Luz in die Costa de la Sol
über, an der Städte wie Málaga oder Marbella liegen.
Im Westen endet die Costa de la Luz an der Grenze zu Portugal und bekommt im
Nachbarland einen anderen Namen. Dort ist die Costa de la Luz als Algarve
bekannt, die einer der bekanntesten Urlaubsorte der Welt ist. Aber auch an die
Costa de la Luz reisen jedes Jahr viele Menschen um sich in der spanischen
Sonne zu entspannen und zu erholen.
Sancti Petri selbst ist ein verlassenes
"Geister"-Dorf, 1946 erbaut für Menschen die in der der
Thunfischverarbeitung tätig waren. Es gab dort Fabriken für das pökeln
von Thunfisch, eine Kirche, Schule, Wohnhäuser und palmenumsäumte Straßen.
Nachdem der Fischfang zurück ging, zogen die Bewohner in den 70-er Jahren
fort und das Dorf verfiel - mittlerweile wurde ein Großteil der Ruinen komplett
entfernt.
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die restlichen Ruinen |
Nördlich der Einfahrt liegt die Insel Sancti Petri, auf ihr steht eine
Festung aus dem 16. Jahrhundert, die zur Verteidigung für Piraten auf den
Ruinen des "Herkules-Tempels" (Melkart, phönizische Gottheit)
aus dem 7.Jh. v.Chr. erbaut wurde.
Der Yachthafen Club Nautico Sancti Petri befindet sich in der Gemeinde
Chiclana de la Frontera im Kanal, der seinen Namen trägt. Dies ist ein
Sumpfgebiet und ein als Naturpark geschütztes Gebiet. Ein wundervoller Ort um
abzuschalten und die Meeresbrise einzuatmen, welche die Lungen reinigt. Im
Hafen finden Sie auch Anbieter von fast allen Wassersportarten. Nachdem wir die wichtigsten Arbeiten erledigt hatten kam das kleine
Schlauchboot zu seiner Jungfernfahrt ins Wasser. Das ist nur 2,40m lang und hat
ein Alu-Rumpf. Wir haben das Schlauchboot wegen des stabilen Rumpfes und dem
geringen Gewicht gekauft. Das große über 3m lange ist zusammengerollt an Deck
verstaut (Reserve).
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klein aber fein |
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Blick von den hohen Sanddünen |
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unser Boot aus der Ferne |
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der ganze Strand gehört uns |
Wir sind an den nördlichen Strand gefahren den wir ganz für
uns hatten. Die Wanderung über die Dünen und der sensationelle Ausblick auf die
Landschaft setzten dem ganzen die Krone auf. Unsere nächste Entdeckung war der
kostenlose Transfer vom eigenen Boot an Land 24h rund um die Uhr, nur auf Kanal
9 rufen und ein super netter Marinero ist mit seinem Wassertaxi sofort zur Stelle.
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super freundlich |
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Inge im Wassertaxi |
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und jetzt an Land |
Inge hat das sofort getestet und hat bei der Gelegenheit auch gleich einen
Laden mit frischen Brot gefunden. Da wir
mit unserem Schiff dermaßen sicher und geschützt liegen, haben wir beschlossen
nicht mit dem Boot sondern mit dem Bus nach Cadiz zu fahren. Das öffentliche
Busnetz ist sehr gut ausgebaut aber mit den Abfahrtszeiten nimmt man es nicht
so genau. Zuerst müssen wir nach Chiclana (Bus 11) ins Zentrum zum Busplatz und
dann mit dem Überlandbus (Bus M020) nach Cadiz. Zu Fuß sind wir dann durch das
Tor Puerta Tierra, dem Eingang in den Mauerring, der heute zugleich das alte
vom modernen Cádiz trennt, in die Altstadt und haben uns auf den Rundweg in
Richtung Kathedrale begeben. Man kann auch den roten City Sightseeing Bus
nehmen und bekommt eine super Stadt-Führung (an den Haltestationen kann man
beliebig oft aus- und wieder zusteigen.
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der Orientierungsplan |
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wer hat das Dach geklaut? |
Cádiz wurde vor rund 3000 Jahren von den Phöniziern gegründet und gilt als die
älteste Stadt des Abendlands. Die verschiedenen Völker, die hier siedelten,
hinterließen ihre kulturelle Prägung, deren Einfluss noch im Charakter der
Einwohner fortlebt. Die von den Phöniziern Gades und von den Römern Gadir
genannte Stadt hatte ihre Blütezeit im 17. Jahrhundert, als sie das Monopol für
Überseehandel erhielt. Dieser
Aufschwung zog auch die Piraten an, sodass die Stadt Verteidigungsbastionen, Burgen
und auf jedem Flachdach Wachtürme errichtete. Bis heute zählen sie neben den
bemerkenswerten Balkongittern zu den Hauptmerkmalen der Stadt.
Auf der dem Atlantik zugewandten Seite erhebt sich die mit gelben Kacheln
bestückte Kuppel der Kathedrale, die
zur Straße Campo del Sur blickt.
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super Blumen-Gebinde |
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die Kathedrale |
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Erklärungen in Deutsch |
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die Pracht ist groß |
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es ist schon ziemlich beeindruckend |
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die Krypta liegt unterhalb des Meeresspiegels |
In der Krypta dieser barocken und
klassizistischen Kirche ruhen die sterblichen Überreste des Komponisten Manuel
de Falla. Neben dem Gebäude befinden sich das ehemalige römische Theater und
die alte Kathedrale. Einen Besuch verdient auch der Ort, der Plaza Real,
Exerzierplatz und Markt war und auf Land liegt, das dem Meer abgerungen wurde.
Die Rede ist von der Plaza de San Juan de Dios,
an der zum nahen Hafen hin orientiert das klassizistische Rathaus von Cádiz
steht. Bei jedem beliebigen Rundgang trifft man auf eine Vielzahl lebendiger
Plätze.
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Tunfisch-Filets |
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der Fischmarkt in Cadiz |
Alles
an einem Nachmittag anzuschauen ist aber unmöglich (uns taten auch schon vom
vielen laufen die Füße weh) und den Bus für die Rückfahrt wollten wir auch
nicht verpassen. Jetzt warten wir auf den Richtigen Wind und dann geht es noch ein kleines Stück
nach Norden den Guadalquivir Fluss hoch nach Sevilla oder gleich nach Madeira (die Wetterbedingungen sind gerade günstig), da müssen wir noch eine
Entscheidung treffen.
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