Mittwoch, 8. März 2017

Banjul, Gambia, Westafrika

Banjul, Gambia, Westafrika
Am 27.02. um 11 Uhr ist der Anker in die Tiefe vor Banjul gerauscht. Banjul ist die Hauptstadt, trotzdem nicht die größte Stadt in Gambia. Der Hafen ist klein, es gibt nur zwei Anleger für die Großschifffahrt.
der erste Ankerplatz zwischen Fähre und Fischer
Wir entschieden uns neben der Fähre zu ankern, um die Wege zum Einklarieren kurz zu halten. Beim Einlaufen wurden wir lautstark und gestikulierend von einem Afrikaner am Strand, mit ein Blatt Papier in der Hand, begrüßt. WELCOME IN GAMBIA, so wurden wir empfangen - ganz sweet von Ibrahim. Er hatte sofort seine Dienste für das Einklarieren angeboten (Immigration-Einwanderung, Custom-Zoll - an zwei Stellen und Port Office-Hafenbüro). Eigentlich wollten wir das Prozedere alleine meistern und waren zum Schluss heilfroh das wir Ibrahim vertraut haben. Tapfer liefen wir mit Ibrahim, bei brüllender Hitze, alles ab, inkl. Geldautomat. Zum Büro der Immigration bewegten wir uns auf verschlungenen Pfaden. Ibrahim öffnete eine unscheinbare Tür und wir standen in einem kleinen Raum voll gepresst mit einer Sammlung verschiedenster Möbel und sechs Frauen in Uniform. Die eine oder andere Beamtin hat sich schon der Wirkung der Mittagshitze hingegeben und hält, mitten im Gewühl, ein Mittagsschläfchen. Kopf nach hinten auf der Lehne, Kopf nach vorn auf dem Schreibtisch – gerade so, wie die Gebrauchtmöbelsammlung es erlaubte. Erstaunlicher weise forderten sie kein Bakschisch ein. Wir haben Ibrahim natürlich für seine guten Dienste bezahlt und auch den Zoll für überhaupt keine Dienste (na ja, sie haben unser Schiff nicht durchwühlt) – sie haben uns unmissverständlich in Kenntnis gesetzt, wie viel Schmiergeld wir hier zu bezahlen hätten und nannten es ein Präsent (ob das Verwandtschaft vom Zoll in Dakar ist? - Bericht Dakar 2 -). Fürs erste bekamen wir eine Aufenthaltsgenehmigung von 21 Tagen. Auf dem Weg, den Gambia-River hoch, können wir uns in Farrafenni eine Verlängerung holen (Stempel in Pass). Okay, also kein Problem. Nachdem wir völlig kaputt und halb verdurstet wieder am Schlauchboot waren, empfahl uns Ibrahim unbedingt den Ankerplatz zu wechseln, denn der jetzige Ankerplatz sei nicht sicher. Also Anker hoch an dem riesigen Containerschiff vorbei und schon konnte der Anker nach kurzer Fahrt wieder ins Wasser. Das Stadtviertel wo wir jetzt ankern heißt „Half Die“ und ließ schon schlimmes ahnen und so war es dann auch. Schon im Segelführer kann man lesen das es eins der schlimmsten Viertel von Banjul sein soll. "Half Die" heißt übrigens nicht wegen halbtot geschlagener Yachties so, sondern weil bei einer Choleraepidemie in diesem Stadtteil die Hälfte der Bevölkerung gestorben war. Man ankert ziemlich ungeschützt im starken Tidenstrom zwischen Sandbänken und halb aus den Wasser schauenden Schiffswracks. Banjul als Stadt gefiel uns ganz gut denn es war nicht ganz so vermüllt wie Dakar. Nur ohne sicheren Liegeplatz konnte uns Banjul nicht für sich einnehmen.

der erste Versuch etwas zu kaufen
die Masse der Menschen sind sehr arm

jeden Abend versuchen die Einwohner mit Besen den Müll zu beseitigen
Heute sind wir los gezogen und haben versucht uns mit frischem Obst zu versorgen, denn auf dem Fluss gibt es nicht mehr so viel. Wir sind jetzt voll in der Trockenzeit und das Angebot wird zusehends schmaler. Internet ist ein echtes Problem, wir brauchen unbedingt eine Prepaid-Karte von Africell. Am nächsten Tag begaben wir uns noch einmal in die Stadt, als uns ein junger Mann zu winkte, und wir uns als Deutsche zu erkennen gaben, antwortete er in etwas gebrochenen Deutsch. Jetzt kamen wir mit Samba ins Gespräch und erfuhren das seine Mutter in Berlin lebt und er dadurch etwas deutsch gelernt hat.
in der Mitte ist Samba, ein lustiger Geselle
 Er wusste auch sofort wo wir eine Prepaid-Karte von Africell bekommen und führte uns in ein Mini-Büro. Zur Registrierung stellte er sein Ausweis zur Verfügung (wir hatten unsere Pässe nicht mitgenommen – nur Kopien). Das klappte alles der Maßen gut, das wir uns haben überreden lassen mit in den Irisch Pup des großen Bruders zu gehen. Um den Rückweg sicher zu finden hatte ich den Hinweg per GPS aufgezeichnet, denn der Pup lag in der 10. Gasse auf dem 5. Hinterhof. 


es wird immer Abgelegener
und auch ärmlicher
uns ist nicht wohl bei der Sache
aber Samba schreitet voran
Mittlerweile wurde uns ganz flau im Magen, den die Umgebung wurde immer ärmlicher und abgelegener. Auf dem weg durften wir in eine Koran-Schule schauen. Der Lehrer hatte als Zeige-Stock eine Peitsche. Wir nehmen an das er sie auch benutzt hat. Unsere Gefühlswelt war bei den Anblick sehr gespalten. Einerseits werden die Kinder von der Straße geholt und man kümmert sich um sie. Andererseits müssen sie arabische Schriftzeichen lernen aber lesen, schreiben und zum Teil sprechen ihrer eigenen englischen Amtssprache können sie nicht. Die fröhlichen Kindergesichter von der Straße sind auch nicht zu erkennen. 

von der Straße
in die Koranschule
Doch dann haben wir es doch noch unbeschadet geschafft den Pub zu erreichen. Da haben wir dann ordentlich bei den kalten Guinness-Bier zugelangt. Das war ein wirklich schöner und lustiger Nachmittag. 

am Irish Pub angekommen
die Party kann beginnen
es gibt viel zu lachen
die Jugend-Gang des Viertels, alles liebe Kerle
an die Straßenküchen haben wir uns gewöhnt
das ist unser Abendbrot
Am nächsten Tag haben wir beschlossen doch erst nach Lamine Lodge zu Peter zu fahren. Wir hatten noch reichlich Fragen und hofften auf ein paar Antworten. Wer ist Peter, mit der berühmten Lamine Lodge.
Lamine Lodge, wie ein Piraten-Nest aus ein Hollywood Film
Schon in den 80er Jahren hatte er Gambia mit seinem Segelboot für sich entdeckt. Das Land und seine Leute ließen ihn nicht mehr los und er wurde dort Sesshaft. In einem Seitenarm des Gambia Flusses schuf er ein kleines Idyll in Form einer Lodge, die mit der Zeit zu den Big 5 Hot-Spots für jeden Gambia Touristen wurde. Aber Peter hat es trotz des Erfolgs geschafft, den Zauber und die Ursprünglichkeit des Ortes zu erhalten. Jeder ist hier willkommen: der Rasta-Mann, der jeden Tag ein warmes Essen bekommt und sobald ein Tourist die Lodge betritt, als Willkommensgruß auf seinem selbst gebauten Musikinstrument aufspielt, ebenso die Affenhorde, die ständig irgendwo lauert, um den besten Moment abzupassen, die Pommes vom Teller zu stehlen, und natürlich wir Segler. Um die Lodge hat sich ein kleines Dorf gebildet, deren Bewohner direkt oder mittelbar von der Lodge leben.
Peter kann viel erzählen
Dies alles wird zusammengehalten von Peter, der mit seiner ruhigen und freundlichen Art nach dem Motto handelt: Leben und Leben lassen. Und er schafft es, die Lodge so natürlich wie möglich zu unterhalten. Die Lodge ist nur aus Naturmaterialien gebaut und mitten in den Mangroven zaubert seine Belegschaft ohne Kühlschrank und Strom kaltes Bier und frische Garnelen, die morgens noch im Fluss geschwommen sind, auf den Tisch. Die Stunden, die wir zusammen mit Peter verbrachten, umgeben von sich streitenden Affen und seinen Geschichten aus alten Segeltagen lauschend, werden wir so schnell nicht vergessen und einige Fragen konnten auch beantwortet werden.
die Lodge von der Landseite
Innenansicht
hier geht es in Richtung Dorf
Hier ist es so ruhig und geht es so Familiär zu das man gar nicht weg möchte. Wir nutzten die angebotene Hilfe, um unsere Diesel (290 Liter) und (Wasservorräte (250 Liter) aufzufüllen. Alles in Kanister das ist ziemlich Schweißtreibend. Bei ein Probelauf des Hauptmotors ging auf einmal die Ladekontrolle an, kein Ladestrom und keine Drehzahlanzeige. So ein Mist da der Keilriemen in Ordnung ist kann es nur die Lichtmaschine sein. Nach einer Intensiveren Untersuchung war klar, das der Regler im Eimer war (die Drehstrom-Lima war erst zwei Jahre alt und die Kohlen des Reglers wie neu). Ich habe die Lichtmaschine ausgebaut und den Regler abgeschraubt alles in ein Beutel und mit dem Schlauchboot rüber zur Lodge. Dort gibt es Mussa, Er ist der Sicherheitsbeauftragte und der Chef-Organisator für das „Drum Herum“ und vor allem er spricht fließend deutsch. Er hat sich angeboten die Lima zu Reparatur zu einem Elektriker zu bringen. Ich sagte noch einmal ganz deutlich der Regler ist kaputt und die Lichtmaschine sollte überprüft werden. Noch am selben Tag war die Lima mit angeschraubten Regler und einer Rechnung von 800 Dalasi wieder da. Ich hatte schon so ein komisches Gefühl und gab Mussa erst einmal nur 400 Dalasi und sollte alles laufen bekommt er den Rest. Kurz und Bündig Lichtmaschine Schweiß überströmt eingebaut, Zündung ein – Ladekontrolle leuchtet nicht, Motor gestartet kein Ladestrom keine Drehzahl. Was war denn das für eine Reparatur bitte schön? Da ja Sonntag war habe ich Mussa per Sprachnachricht mitgeteilt das das ganze eine Luftnummer war und der Elektriker möge sich am Montag mit entsprechenden Ersatzteilen auf dem Boot sehen lassen. Am Montag Mittag bin ich dann wieder an Land gefahren um den Elektriker abzuholen. Mussa hat mit den Augen gerollt (nach dem Motto „wie Doof ist das denn“) und der Elektriker hat ganz unschuldig aus seiner Wäsche geschaut. Auf dem Schiff habe ich ihm erst einmal erklärt das ich auch Elektriker bin und er mir keine Geschichten erzählen braucht. Ich benötige lediglich einen funktionierenden Regler. Er ahnte wohl das seine restlichen 400 Dalasi in Gefahr waren, deshalb begann er jetzt mit einem Klingeldraht und einer Prüflampe und Schweißgebadet die Lima und den Regler zu überprüfen. Erhobenen Hauptes und mit wichtiger Mine stellte er fest das der Regler kaputt ist (wer hätte das gedacht?) Und Stolz kramte er aus sein Rucksack zwei alte, gebrauchte Regler, aber die Kohlen waren noch okay. Regler angeschraubt 1 ½ Minuten Arbeit und alles war wieder in Ordnung. Den zweiten Regler habe ich für kleines Geld gleich meinem Ersatzteilsortiment zugeführt. Nachdem er sein Geld bekommen hat konnte er auch wieder Lachen. Ich habe das ganze mal etwas ausführlicher beschrieben, denn wenn man nur auf fremde Hilfe angewiesen ist, macht es das Leben an Bord nicht unbedingt Leicht. Denn alles was kaputt gehen kann geht auch kaputt.
links Gusman der Fahrer (holt auch Diesel), mitte Mussa, rechts Buba (bringt auch Wasser)
Und so waren es wieder ganz besondere Menschen, die uns doch den Abschied etwas schwerer werden ließen. Über eine Geschichte muss ich noch berichten. Der Redakteur der Lausitzer Rundschau, Frank Hilbert, machte mit uns ein Interview über die Reise. Das Interview füllte eine ganze Seite der LR und in der online Ausgabe ist sogar ein kleiner Zusammenschnitt der Youtube-Videos.
Seite 3 der Lausitzer Rundschau
Es gab eine Lawine von E-Mails und WhatsApp und reichlich Kommentare bei Facebook, auch von vielen uns unbekannten Lesern. Da wir es nicht hinbekommen, jeden einzelnen zu Antworten, möchten wir uns auf diesem Wege recht herzlich für Euer Interesse und Eure Anteilnahme bedanken. Morgen am 08.03 wollen wir weiter. Der Gambia River ruft.











Keine Kommentare :

Kommentar veröffentlichen