Mittwoch, 20. Juli 2016

Madeira


Von Porto Santo nach Madeira

Dienstag, 05.07.2016

Nachdem wir uns von unseren deutschen Seglern verabschiedet haben, geht es um 10.30 Uhr los. Wie erwartet ist der Wind anfangs ziemlich schwach. Wir setzen die große Genua und der Perkins (unserer Schiffs-Diesel) hilft kräftig dabei, die 40 Seemeilen (75 km) zurückzulegen. Unterwegs arbeiten wir an unserer nahtlosen Bräune und schaukeln Madeira entgegen.

Madeira in sicht
Etwa zwei Stunden vor unserem Ziel nimmt der Wind auf 5 Beaufort zu und Neptun lässt es sich nicht nehmen, ab und zu etwas Gischt ins Cockpit zu spucken. Als wir in Funchal ankommen, sind wir erstaunt, denn der im Hafenhandbuch und den Seekarten ausgewiesene Strand und den Ankerplatz ist nicht mehr vorzufinden: statt dessen eine große Betonwand und dahinter ein nagelneuer fast leerer (mit EU-Mitteln gebauter) Hafen. Der Hafen soll für den kommerziellen Charterbetrieb sein (wir dürfen dort nicht rein) und ankern ist nicht mehr möglich. Nach der Einfahrt in die alte Marina kam die Ernüchterung alles rappe voll. Ein Mitarbeiter der Marina machte uns klar das wir uns Längseids an eine 60 Fuß Luxus-Segelyacht legen sollten.
erst skeptisch aber dann war alles gut
zwei schöne Schiffe nebeneinander
Der Eigner war nicht gerade begeistert und ich war dann doch etwas Nervös – bloß kein Kratzer in den Hochglanzlack. Jeder Hafen hat sein ganz eigenes Flair. Sie miteinander zu vergleichen, hieße Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Das macht es ja auch aus - immer wieder etwas Neues, Anderes. Hier ist mal wieder alles ganz anders als im vorherigen Hafen. Kommerziell eingesetzte Boote an jeder Ecke (Hochsee-Angeln, Wahl und Delphin Touren, Speed-Boote, Ausflugskatamarane und vieles mehr).

Funchal

Ingrid hat uns noch bei der Polizei, genauer bei der Guarda Nacional Republicana, ordnungsgemäß angemeldet. Anschließend haben wir noch einen ganz kurzen Stadtbummel unternommen und sind dann zurück auf unser Schiff (immer schön vorsichtig und barfuß über das Vorschiff unseres Nachbarn).
Blüten ohne Ende
Jetzt sitzen wir im Cockpit, schöne Musik schallt zu uns herüber, und wir genießen den tollen Blick auf die tausende Lichter Funchals, Kirchenglocken läuten und Mondschein gibt es auch noch gratis dazu. Wie romantisch! Auf unserem „Sonderparkplatz“ haben wir eine ruhige Nacht verbracht. Den heutigen Tag wollen wir mit der Erkundung von Funchal verbringen und auch ein paar Besorgungen machen. Als erstes sind wir überwältigt von der Blütenpracht und deren Duft der uns umgibt. Das hatten wir schon lange nicht mehr. Als allererstes besichtigten wir den kleinsten Staat der Welt (steht sogar im Guinness-Buch der Rekorde).
hier geht es zum Eingang in den Felsen (Festung)
auf dem Dach

das ganze Land
fast 500 Jahre - ziemlich lange
Nur eine Person bewohnte diesen kleinen Felsen.
Im Zentrum treffen wir auf eine Swing-Band der Spitzenklasse, sie bringen die Leute sogar zum Tanzen.

Bei einem Spaziergang durch die Altstadt staunten wir über die kunstvoll gestalteten Türen.
was will uns Inge damit sagen
einfach nur schön
wenn das Gebäude einen schlechten Eindruck macht - die Tür ist top
was für Türen
Das Türblatt gehört zu einem Projekt, das seit 2011 herunter gekommene oder schmucklose Türen in der Altstadt von Funchal in Kunstwerke verwandelt. "artE de pOrtas abErtas", Kunst der offenen Türen, heißt es, erzählt Hernando Urrutia, der Urheber des Tür-Feuerwerks in der Hauptstadt von Madeira. "Wir wollen damit den Fassaden ein neues Aussehen geben und all denen, die hier leben, aber auch Besuchern, eine neue Wahrnehmung der Altstadt vermitteln."

Madeira „rund“
Ingrid hat ein kleines Informationsbüro, in dem deutsch gesprochen wurde, entdeckt. Der gute Mann bot uns eine Busfahrt rund um die gesamte Insel und über das Hoch-Plato (Tagesfahrt) inklusive Kaffeepause, Mittagstisch, Badepause und Tee-Time mit Kuchen zu einem Preis von pro Person von 45 Euro an. Da haben wir sofort zu geschlagen. Wenn ich alles im Detail beschreiben sollte würde der Bericht kein Ende nehmen deshalb nur ein paar Stichpunkte zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten.
der Blick vom Hoch-Plato
der Norden von Madeira ist einfach nur schön
Grundsätzlich ist der Norden von Madeira der schönste Teil und ob man mit dem Leihauto oder einer organisierten Fahrt unterwegs ist, man sollte soviel wie möglich auf der „alten Straße“ fahren.
der Wasserfall landet mitten auf der Straße
Scheibenwischer am Limit
Da erlebt man solche Dinge wie die „Natur-Autowaschanlage“, total verrückt ein Wasserfall der genau auf der Straße landet und danach in ein Tunnel der von Hand hergestellt wurde und überall das Wasser herunter tropft.
Tunnel und Straße sind verschwunden
ein Bild wo der Tunnel und die Straße noch vorhanden waren
Viele Teile der alten Straßen sind wegen Steinschlag oder Abrutsch-Gefahr leider gesperrt (das wird wohl auch so bleiben denn für die notwendigen Absicherungsarbeiten ist kein Geld vorhanden). Den Besuch einer Bananen-Plantage sollte man auf jedenfall machen nicht nur um sich die wunderschönen Blüten und Bananenstauden anzuschauen sondern auch um zusehen welche schwere Arbeit dort verrichtet wird (eine Bananenstaude wiegt schon mal 50 bis 60 kg und wird auf der Schulter Berg auf und ab zu den LKW getragen).
was für eine Blüte
alle Blütenreste müssen von jeder einzelnen Banane entfernt werden

Hauptwasserkanal für die Bananenplantage
Schwerst-Arbeit
Zu deren Lebensbedingungen möchte ich später noch etwas sagen. Ein weiteres Highlight sind die Lorbeer-Wälder. Der Laurisilva, Lorbeer- oder Laurazeenwald, ist das einzige Naturreservat auf Madeira, dessen Vielfalt an seltenen Pflanzen bis heute noch nicht vollständig erfasst werden konnte. Der Lorbeerwald ist ein Relikt aus der Vergangenheit und war in Europa weit verbreitet. Bei seiner Entdeckung 1419 war Madeira vollständig bewaldet. Daher hat die Insel auch ihren Namen: Madeira = portugiesisch für Holz. Der Naturpark auf Madeira macht ca. 22.000 Hektar und so mit zwei Drittel der Insel aus. Er wurde im Jahr 1982 gegründet und hat zum Ziel, das natürliche Ökosystem zu erhalten und Flora und Fauna zu beschützen. Seit dem Jahr 1999 gilt er als Weltnaturerbe der UNESCO. Diese Auszeichnung bedeutet, dass dieses Naturschutzgebiet einen einzigartigen Wert als biologisches Kulturgut ausmacht. Ein ganz besonderer Hingucker ist der Feenwald, er liegt im Gebiet Fanal im Nordwesten der Insel und ist Teil des großen Lorbeerwaldgebietes. Im Feenwald stehen Bäume, die schon ein paar Jahrhunderte alt sind. Manche von ihnen sollen schon hier gestanden haben, als Madeira 1419 entdeckt wurde. Kann man sich das vorstellen?
der Feenwald
Diese alten Gestalten sind mit Flechten behangen und moosbewachsen, es ist kühl und feucht, oft zieht hier Nebel durch. Eine weitere Attraktion ist das Felsenbad in Porto Moniz.
das nicht betonierte Bad
mit romantischen Tümpeln

das Betonierte - etwas kommerzieller
zum Baden und Sonnen super
Einmal das Naturbelassene neben dem Aquarium was ich persönlich am schönsten finde (man sollte aber Badeschuhe dabei haben) denn es ist voller Leben. Oder ein paar Meter weiter das Betonierte was auch sehr schön ist und der Eintritt ist mit 1,50 Euro für den ganzen Tag sehr Preiswert.
die Ureinwohnerin in die Zange genommen
Einen Abstecher zu den alten mit Schilf gedeckten Häusern in Santana haben wir auch gemacht (nur wenige sind bewohnt). Es gibt noch viel mehr schöne Plätze und Dinge zu entdecken. Soviel Zeit konnten und wollten wir uns aber nicht nehmen. Aber es gibt auch eine andere Seite. Auf der „Insel des ewigen Frühlings“ liegt ein langer Schatten. Ein Großteil der Landbevölkerung zieht weg.
Viele Häuser stehen leer. Nur die Alten bleiben. Diejenigen mittleren Alters, die den Absprung verpassen, greifen nicht selten zur Flasche. Die Lebensbedingungen der Landbevölkerung verschlechtern sich drastisch. Zahlreiche Kleinbauern halten dem Preisdumping der Supermärkte nicht stand. Nur noch Ältere bewirtschaften die winzigen Parzellen. Die Jungen rümpfen über die „Drecksarbeit“ die Nase und kaufen schadenfroh die billigen Produkte der spanischen Agrarfabriken. Nur noch der Wein und die hochsubventionierte Banane bringen etwas ein. Die Anbauflächen dieser Früchte sind klimatisch eingeschränkt. Von der Ernte profitieren in der Regel wohlhabende Plantagenbesitzer. Tagelöhner, die nach Bedarf beschäftigt werden, erhalten 40 Euro plus Mittagessen für neun Stunden harter Arbeit. Wer erkrankt, wird vom Sozial-und Gesundheitsdienst notdürftig versorgt. Ich will nicht vielmehr darüber Berichten es ist eben nicht alles Gold was glänzt.

Wir haben einige Unterlagen über Madeira und wollten auf jeden Fall eine Fahrt mit einem Korbschlitten machen.
Dieses Vergnügen gibt es weltweit nur auf Madeira und das seit über 100 Jahren. Ursprünglich wurden auf diese Weise kranke und gehbehinderte Menschen vom oberen Teil Funchals in tiefer gelegene Stadtteile befördert. Um zum Startpunkt der Schlittenfahrt zu gelangen, wollten wir mit der Seilbahn hochfahren. Doch ausgerechnet an diesem Tag war der Gipfel in dicke Wolken gehüllt. Da das Preis-Leistungsverhältnis für Seilbahn und Schlitten eh fragwürdig ist haben wir das ganze aufgegeben. Ganz große Freude bereiteten uns Ute und Willi, die wir bei der Busrundfahrt kennengelernt haben.
Ute und Inge im Glück
ein toller Tag mit den Beiden


Sie haben uns eingeladen, um mit ihrem Leihwagen noch einmal zum Felsen Schwimmbad zu fahren und den kompletten Tag dort zu verbringen. Das war eine tolle Sache. Nun ist es aber Zeit weiter zu ziehen.

Vor 5 Tagen (eigentlich müssen es 10 Tage sein) haben wir einen Antrag auf Genehmigung zum anlaufen der Insel Graciosa (kleine Insel nördlich von Lanzarote und totales Naturschutzgebiet) und zum einlaufen in den Hafen Caleta de Sebo an die Verwaltung der Kanaren gesendet. Eine Antwort haben wir nicht bekommen. Aber losgefahren sind wir trotzdem.

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