Montag, 30. Mai 2016

Gibraltar bis Cadiz



Am Freitag Nachmittag den 20.5.2016
hieß es für uns wieder Leinen los! Der Wetterbericht sagte für die Straße von Gibraltar gute Segelbedingungen voraus. Ein guter Ostwind schob uns in die Straße von Gibraltar und um uns herum sprangen Delfine, unsere Welt war in Ordnung. Wir suchen und finden den schwächsten Gegenstrom dicht unter Land: Wir müssen bis auf ein paar Hundert Meter an die Küste ran gehen, ansonsten steht uns der Strom mit mindestens 2 kn entgegen. Doch dann legt der Wind bis auf 35 Knoten zu, man hat das Gefühl das Wasser um uns herum kocht. Wir hatten ein super Tempo drauf 9,2 Knoten durchs Wasser. Doch dann gab es einen Knall und der Großbaum flog auf die andere Seite. Der sogenannte Bullenstander (eine Leine die das Unkontrollierte umschlagen des Großbaums, man nennt es auch Patenthalse, verhindert) war gerissen. Ich hatte wohl die Kräfte die da wirken etwas unterschätzt und die Leine war wohl zu schwach. Bei dieser Aktion hat es beide Doppelblöcke der Großschot zerlegt. Aber wir hatten dennoch Glück im Unglück, der Haltebolzen vom Wagen des Großschottravellers ist zwar verbogen aber er blieb eingerastet und hat somit verhindert das der Großbaum bis in die Wanten schlägt und noch größerer Schaden entstanden wäre. Das Großsegel musste eigentlich unbedingt eingerollt werden das ging aber nicht, da die Führungsrolle für die Leinen in Richtung Cockpit auch raus gerissen war. So beschlossen wir mit vollen Großsegel in die westliche Bucht von Tarifa zu Segeln und dort vor dem Strand zu Ankern.

die westliche Bucht von Tarifa
Die Leute am Strand müssen auch gedacht haben, was für Helden, mit vollen Segel in Richtung Strand in den Wind schießen (mit dem Bug in Windrichtung, damit kein Druck mehr auf den Segel ist) und Anker rein. Ein Manöver als wenn wir mit einer Jolle segeln und nicht mit ein 15m Langkieler. Jetzt konnten wir das Großsegel einrollen und den Schaden in Ruhe betrachten. Wir kamen zur Erkenntnis das wir für die Reparatur etwas mehr Zeit und vor allem ein gemütlicheres Plätzchen benötigten. Deshalb ging es am nächsten Tag weiter nach Sancti Petri, südlich von Cadiz. Die Einfahrt nach Sancti Petri war nicht einfach die Wellen des Atlantik`s trafen auf den ablaufenden Gezeitenstrom plus der Strömung des Flusses, in der relativ schmalen Fahrrinne ging es ordentlich wild zu. Für Leute die dort auch zum ersten Mal hin wollen lautet die Empfehlung ganz kla,r entweder bei Hochwasser oder Niedrigwasser einfahren, auch bei ansteigender Flut geht es noch halbwegs. Aber uns wäre das ja alles viel zu einfach gewesen, wir mussten uns ja unbedingt für die schlechtesten Bedingungen entscheiden. In der zweiten Hälfte des Ablaufenden Wassers (wo die Strömung am stärksten ist) und bei starken Seitenwind haben wir eine halbe Stunde lang versucht eine Leine von den Mooringtonnen (Fest verankerte Boje) einzufangen was uns anfangs nicht gelang. Links und rechts waren Boote, so dass unsere Manövriereigenschaften doch sehr begrenzt waren. Am Ende des Mooringfeldes kam uns die glorreiche Idee bis zum nachlassen der Strömung zu Ankern. Also Anker rein, rückwärts fahren bis die Kette straff ist, Anker scheint zu halten doch eine Minute später hat die Strömung den Anker aus dem Schlamm gespült und Rums- Rums wir haben Grundberührung! Motor Vollgas und zurück. Glück gehabt, wir sind wieder frei gekommen und es ist nichts passiert. Parallel dazu hat Ingrid wieder den Anker eingeholt, der Anker hing nur noch zwei Meter im Wasser, plötzlich Stille, die Ankerwinsch dreht sich nicht mehr (Sicherung defekt). Doch mit einem im Wasser hängenden Anker können wir unmöglich ins Mooringfeld zurück also Winschenkurbel schnappen und Anker von Hand hoch kurbeln. Dann wieder eine freie Tonne gesucht und zwar eine wo wir viel Platz zum heranfahren hatten, der Wind und die Strömung hatten mittlerweile auch nachgelassen und so bekamen wir zuguterletzt doch noch beide Leinen an den Bug. Einen Tag mussten wir uns von diesem ganzen Chaos erholen – und ein wenig unsere „Wunden lecken“. Wir haben an diesem Tag viel gelernt… da wir ja versprochen haben, über alles zu berichten – schreiben wir auch über diesen Pleitetag. Ansonsten sollte man leise lernen und schweigen…-) Die Leinen werden erst wieder gelöst, wenn wir alles repariert und die Umgebung ausgiebig erkundet haben, die Segelreise soll schließlich nicht in Stress ausarten.

der Blick Flussaufwärts
Strand mit Dünen
 

Bei näherer Betrachtung unserer Umgebung sind wir auch in einer landschaftlichen Perle gelandet. Auf der einen Seite ein Lehrer   Sandstrand mit großen Dünen im Hintergrund und auf der anderen Seite die kleine Marina  – Club Nautico Sankti Petri (ist auch der Betreiber der Mooringtonnen).
 
der Plastikmüll muss klein gehalten werden
WC Reparatur ist nicht so prickelnd

aber sehr wichtig
Bevor es mit den persönlichen Erlebnissen weitergeht ein paar Fakten zur Umgebung. Wir befinden uns an der Küste des Lichts, auf Spanisch Costa de la Luz. Die Costa de la Luz gehört zur Region Andalusien. An der Costa de la Luz liegen viele große Städte, unter anderem Huelva, Cádiz, Jerez de la Frontera und Tarifa. Bei der Stadt Tarifa (wo wir ja eine Nacht in der Bucht zugebracht haben) liegt der Punkt Spaniens, der am nächsten an der Küste Marrokkos liegt, die Entfernung an diesem Punkt beträgt nur rund 14 Kilometer.

Die Costa de la Luz endet östlich gesehen genau an der Straße von Gibraltar, die Meerenge, die eine Verbindung zwischen dem Atlantischen Ozean und dem Mittelmeer herstellt. Dort geht die Costa de la Luz in die Costa de la Sol über, an der Städte wie Málaga oder Marbella liegen.
Im Westen endet die Costa de la Luz an der Grenze zu Portugal und bekommt im Nachbarland einen anderen Namen. Dort ist die Costa de la Luz als Algarve bekannt, die einer der bekanntesten Urlaubsorte der Welt ist. Aber auch an die Costa de la Luz reisen jedes Jahr viele Menschen um sich in der spanischen Sonne zu entspannen und zu erholen. Sancti Petri selbst ist ein verlassenes "Geister"-Dorf, 1946 erbaut für Menschen die in der der Thunfischverarbeitung  tätig waren. Es gab dort Fabriken für das pökeln von Thunfisch, eine Kirche, Schule, Wohnhäuser und palmenumsäumte Straßen.  Nachdem der Fischfang zurück ging, zogen die Bewohner in den 70-er Jahren fort und das Dorf verfiel - mittlerweile wurde ein Großteil der Ruinen komplett entfernt.
die restlichen Ruinen

Nördlich der Einfahrt liegt die Insel Sancti Petri, auf ihr steht eine Festung aus dem 16. Jahrhundert, die zur Verteidigung für Piraten auf den  Ruinen des "Herkules-Tempels" (Melkart, phönizische Gottheit) aus dem 7.Jh. v.Chr.  erbaut wurde. 

Der Yachthafen Club Nautico Sancti Petri befindet sich in der Gemeinde Chiclana de la Frontera im Kanal, der seinen Namen trägt. Dies ist ein Sumpfgebiet und ein als Naturpark geschütztes Gebiet. Ein wundervoller Ort um abzuschalten und die Meeresbrise einzuatmen, welche die Lungen reinigt. Im Hafen finden Sie auch Anbieter von fast allen Wassersportarten. Nachdem wir die wichtigsten Arbeiten erledigt hatten kam das kleine Schlauchboot zu seiner Jungfernfahrt ins Wasser. Das ist nur 2,40m lang und hat ein Alu-Rumpf. Wir haben das Schlauchboot wegen des stabilen Rumpfes und dem geringen Gewicht gekauft. Das große über 3m lange ist zusammengerollt an Deck verstaut (Reserve).

klein aber fein
Blick von den hohen Sanddünen
unser Boot aus der Ferne
der ganze Strand gehört uns

Wir sind an den nördlichen Strand gefahren den wir ganz für uns hatten. Die Wanderung über die Dünen und der sensationelle Ausblick auf die Landschaft setzten dem ganzen die Krone auf. Unsere nächste Entdeckung war der kostenlose Transfer vom eigenen Boot an Land 24h rund um die Uhr, nur auf Kanal 9 rufen und ein super netter Marinero ist mit seinem Wassertaxi sofort zur Stelle. 

 
super freundlich
Inge im Wassertaxi
und jetzt an Land
Inge hat das sofort getestet und hat bei der Gelegenheit auch gleich einen Laden mit frischen Brot gefunden. Da wir mit unserem Schiff dermaßen sicher und geschützt liegen, haben wir beschlossen nicht mit dem Boot sondern mit dem Bus nach Cadiz zu fahren. Das öffentliche Busnetz ist sehr gut ausgebaut aber mit den Abfahrtszeiten nimmt man es nicht so genau. Zuerst müssen wir nach Chiclana (Bus 11) ins Zentrum zum Busplatz und dann mit dem Überlandbus (Bus M020) nach Cadiz. Zu Fuß sind wir dann durch das Tor Puerta Tierra, dem Eingang in den Mauerring, der heute zugleich das alte vom modernen Cádiz trennt, in die Altstadt und haben uns auf den Rundweg in Richtung Kathedrale begeben. Man kann auch den roten City Sightseeing Bus nehmen und bekommt eine super Stadt-Führung (an den Haltestationen kann man beliebig oft aus- und wieder zusteigen. 



der Orientierungsplan
wer hat das Dach geklaut?
 



Cádiz wurde vor rund 3000 Jahren von den Phöniziern gegründet und gilt als die älteste Stadt des Abendlands. Die verschiedenen Völker, die hier siedelten, hinterließen ihre kulturelle Prägung, deren Einfluss noch im Charakter der Einwohner fortlebt. Die von den Phöniziern Gades und von den Römern Gadir genannte Stadt hatte ihre Blütezeit im 17. Jahrhundert, als sie das Monopol für Überseehandel erhielt. Dieser Aufschwung zog auch die Piraten an, sodass die Stadt Verteidigungsbastionen, Burgen und auf jedem Flachdach Wachtürme errichtete. Bis heute zählen sie neben den bemerkenswerten Balkongittern zu den Hauptmerkmalen der Stadt.
Auf der dem Atlantik zugewandten Seite erhebt sich die mit gelben Kacheln bestückte Kuppel der Kathedrale, die zur Straße Campo del Sur blickt. 


super Blumen-Gebinde
die Kathedrale
Erklärungen in Deutsch
die Pracht ist groß
es ist schon ziemlich beeindruckend
die Krypta liegt unterhalb des Meeresspiegels
 



In der Krypta dieser barocken und klassizistischen Kirche ruhen die sterblichen Überreste des Komponisten Manuel de Falla. Neben dem Gebäude befinden sich das ehemalige römische Theater und die alte Kathedrale. Einen Besuch verdient auch der Ort, der Plaza Real, Exerzierplatz und Markt war und auf Land liegt, das dem Meer abgerungen wurde. Die Rede ist von der Plaza de San Juan de Dios, an der zum nahen Hafen hin orientiert das klassizistische Rathaus von Cádiz steht. Bei jedem beliebigen Rundgang trifft man auf eine Vielzahl lebendiger Plätze. 


 
Tunfisch-Filets
der Fischmarkt in Cadiz
Alles an einem Nachmittag anzuschauen ist aber unmöglich (uns taten auch schon vom vielen laufen die Füße weh) und den Bus für die Rückfahrt wollten wir auch nicht verpassen. Jetzt warten wir auf den Richtigen Wind und dann geht es noch ein kleines Stück nach Norden den Guadalquivir Fluss hoch nach Sevilla oder gleich nach Madeira (die Wetterbedingungen sind gerade günstig), da müssen wir noch eine Entscheidung treffen.

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